Ich war diese Woche bei einem Vortrag von Richard David Precht zum Thema Moral und Verantwortung. Hui, schweres Thema, magst du jetzt sagen und irgendwie auch Recht haben. Aber. Es gibt ja immer ein Aber.
Aber der Reihe nach. Ich habe eine gute Freundin, die macht so ziemlich alles mit. Lesungen, Vorträge, Kochkurse. Ich sage ihr schon gar nicht mehr, worum es geht, sondern nur noch Termin und Uhrzeit, und dann besorge ich Karten. So auch diesmal. Bisher waren das immer Frauen-Veranstaltungen, das heißt die Frauen sind in der Überzahl und die wenigen anwesenden Männer wurden von ihren Ehefrauen genötigt… zumindest ist das oft mein Eindruck. (Widersprich mir, wenn du da andere Erfahrungen gemacht hast). Jedenfalls. Gestern schauen wir uns um, Freundin I. und ich: Die Männer sind in der Überzahl. Gestern kam Fußball und hier handelt es sich um einen philosophischen Vortrag. Was ist hier los? Grundsätzlich: Ein schönes Bild, so bunt durchmischt mit Menschen jeden Alters. Philosophie kann sowas also. Toll.
Herr Precht hat dann 75 Minuten lang gesprochen, rhetorisch einwandfrei. Das begeistert mich immer, wenn jemand über ein Thema frei sprechen kann, ohne zu stottern, ohne langweilig zu werden und trotz allem verständlich. Ein bisschen Meinung war dann noch mit drin, wobei ich das nicht schlimm finde. Mein einziges Manko ist die Diskussionsrunde am Schluss. Und das sage ich nun ganz subjektiv. Ich persönlich brauche das nicht. Gerade hier nicht. Herr Precht hat unheimlich viele kluge Dinge gesagt, die ich nun alle erst mal sacken lassen will, um sie dann zu sortieren. Er stupste in alle möglichen Richtungen mein Denken an. Ein paar Mal dachte ich „Jajaja!“ und dann wieder „Oh, interessanter Blickwinkel“ und auch „Himmel, so habe ich das noch nie gesehen!“.
Ich beobachte das oft: Die Organisatoren eröffnen hinterher eine Diskussionsrunde, irgendwer rennt mit einem Mikro herum, es werden Fragen durch den Saal gebrüllt und/oder gestottert und der Informationsgehalt dieser Fragen ist für alle anderen (hier immerhin 800 Leute) mehr oder weniger Null. Das muss man dann aussitzen. Ich fände es schön, wenn man für die anderen, die noch Fragen haben, ein anderes Format finden würde und diejenigen, die mit Wissen und Fakten und Anregungen gesättigt sind, heim gehen dürften. Einen derartigen Vortrag würde ich aber jederzeit wieder besuchen. Herr Precht hat das wunderbar unterhaltsam verpackt, Wissen vermittelt ohne mir das Gefühl zu geben doof zu sein, zum Denken angeregt und neue Blickwinkel eröffnet. Das wird alles noch eine Weile nachhallen. Ich mag an ihm speziell, dass er komplizierte Dinge verständlich erklärt.
Jedenfalls. Hinterher habe ich mir noch ein neues Buch gekauft, und das auch signieren lassen. Yay!
Bisher gelesen:
- Liebe
- Wer bin ich und wenn ja wie viele?
- Warum gibt es alles und nicht nichts
Neuzugang:
- Die Kunst, kein Egoist zu sein [Link zur Lese-Challenge 2016]
Ein Kommentar zu „Freitagsfoto: Richard David Precht“