Ausgelesen.
Dieses Buch hallt noch nach, ich überlege, es gleich noch mal zu lesen. Aber vermutlich werde ich nie ganz begreifen, wie Ausschwitz existieren oder wie Menschen diesen Ort überleben konnten. Heiners Geschichte macht klar: Er lebt, aber dem Grauen entkommt er nicht.
Ich habe mich das schon oft gefragt: Wie schafft man das? Wie findet man seinen Weg in ein normales Leben? Heiraten, Kinder kriegen, Freundschaften pflegen, einen Beruf ausüben, vielleicht ständig Erinnerungen und Tätern begegnen?
Heiner hat Ausschwitz überlebt. Jahre später muss er vor Gericht aussagen. Allein der Unterschied zwischen dem, was er erlebt hat, wie er sich daran erinnert, und wie Anwälte und Richter ihre Fragen stellen, was sie für Fakten, Zahlen, Beweise wollen… es ist ein Irrsinn. Das, was Heiner sagen will, und das was er antworten muss, ist kaum zu ertragen. Im Flur vor dem Gerichtssaal sackt er zusammen und begegnet Lena. Sie verlieben sich, kaum zu glauben. Heiner muss reden, muss erzählen, er bringt seine Vergangenheit und sein Trauma mit in die Beziehung. Ein Senfglas voller Knochenstaub immer dabei. Für mich ist das völlig logisch, dieses Glas; das er daran festhält. Die Frage ist: Reicht Liebe aus, um damit zurechtzukommen? Lena kämpft, um sich nicht zu verlieren. Sie muss Publikum sein, Zuhörerin, weil sie es nicht erlebt hat, diesen Schmerz, und ausgeschlossen bleibt.
Die Vergangenheit streckt immer wieder ihre kalten Finger in die Gegenwart hinein, es geht um Ausschwitz damals und heute, aber vor allem um Heiner und Lena, eine wahnsinnige Geschichte. Ich musste das Buch alle 30 Seiten beiseitelegen, nachdenken, manches, weil ich es nicht parat habe, recherchieren, nachlesen, begreifen versuchen. Ich empfehle das Buch, das ist tatsächlich, meiner Meinung nach ein must-read. ★★★★★
Allerdings: schwerer Tobak.
- Monika Held
- Der Schrecken verliert sich vor Ort
- Roman, Taschenbuch, 272 seiten
- ISBN-13 : 978-3404176267