Letztes Jahr habe ich die Serie „Home before dark“ auf Apple TV+ gebingt. Ich will jetzt nicht damit angeben, dass ich neben Netflix und Prime auch noch Apple TV+ habe, als wäre ich Krösus. Darum soll es nicht gehen. Wir haben Pandemie, was soll ich denn sonst tun? Auch noch stricken lernen? Dann ist die Verwandlung in meine Oma komplett. Also nein, einfach nein. Jedenfalls.
Die Serie kann ich herzlich empfehlen. Hilde, die 9-jährige Protagonistin versucht einen mysteriösen Mordfall aufzuklären. Das ist spannend, das kann man gut gucken. Viel wichtiger aber ist ihr Notizbuch. Hilde hat das tollste Notizbuch, dass ich je gesehen habe. Sie ermittelt damit und ich war zehn Folgen lang glühend neidisch auf dieses supi-dupi-Umhänge-Teil mit Reißverschluß und allem. Mussichauchhaben!
Ich habe das Internet befragt und keine Antwort bekommen, ich habe gesucht, geseufzt und schon fast aufgegeben. Es ist Pandemie, aber auch ohne diesen Umstand pflege ich eine ungute/ungesunde Marotte. Ich liege oft schlaflos im Bett und glotze aufs Handy. Ob ich nun schlecht schlafe, weil ich dauernd die Funkpeitsche in den Händen habe, oder ob ich da debil drauf glotze, weil ich schlecht schlafe – genaues weiß man nicht. Jedenfalls.
Bei Instagram entdeckte ich die BAO-Tasche von Absent Studio. Das kommt dem Notizbuch von Hilde noch am nächsten. Es ist nicht genau das, was ich gesucht habe, aber immerhin so sehr fast, dass ich das gute Stück käuflich erworben habe. Ich war nicht im Urlaub, auf keiner Veranstaltung, mein Wochenhighlight ist ein Spaziergang am Samstagmittag. Eine gute Freundin und ich, wir treffen uns unter freiem Himmel, tappen durch die Gegend und knurren uns nur noch an: „Geil, wir gehen schon wieder spazieren!“ Und auf die Frage „Links rum oder rechts rum“ mault die jeweils andere bloß noch „IST DOCH SCHEIßEGAL!“
Nach dem siebenhundertdreiundzanzigsten Mal kennt man jeden Stein, jeden Baum, jeden Hund in der Gegend – man kann das statt kriegen; fremde Hunde streicheln. Selbst die Köter knurren: „Nicht du schon wieder!“.
Was bleibt da also: Die große weite Welt im Internetz. Ich gucke mir Leute und Krempel an, bestelle Sachen. Plötzlich ist es mein sehnlichster Wunsch ein T-Shirt mit Raglanärmeln in gelb zu besitzen. Und das nicht nur deshalb, weil das Päckle dann zu groß für meinen Briefkasten ist und der Postmensch klingeln muss. „Hallo Hallo! Wie geht es dir, erzähl mir von deinen Hobbys, welcher ist dein drittliebster Dinosaurier, welche Blutgruppe hast du, erzähl einen Schwank aus deiner Jugend, ich will alles wissen – renn doch nicht schon wieder weg.“ Menno.
Nun habe ich also eine Notizbuchtasche und hocke hier wie ein fieser kleiner Kobold auf einem Goldtopf. Ich mache „Muhahahah“ und „Hehehehe.“ Die Haare sind wild, ich sehe verlottert aus und ein bisschen irre. Ich kann ja nirgends hin, mit dem Teil, aber jetzt ist es da und ich freue mich. Ich stelle mir vor, wenn ich dann endlich wieder raus darf, in die echte Welt, wie ich irgendwo sitze, in der Sonne, und Tee trinke, Kuchen esse, mit Leuten rede und Notizen in mein Täschle schreibe. Bis dahin sortiere ich Krempel. Welches Papier ist das Richtige? Welcher Stift schreibt am Schönsten? Was muss ich unbedingt dabeihaben, wenn ich unterwegs bin? Das sind total wichtige Entscheidungen, das muss gut überlegt sein. Besser ich kaufe auch noch Trennlätter und neue Textmarker, vielleicht ist ja irgendwann wieder was wichtig. Das Glück trifft den, der vorbereitet ist.
Hallo Glück, ich bin hier.
