Fragen an die Autorin #8

FAQ 8: Was ist eine Lesebühne? Was ist ein Lesebühnentext?

Ich fasse die beiden Fragen mal zusammen. Lesebühnentexte sind eine eigene Textgattung. Unsere Texte klingen erlebt, es ist ein Spiel mit der eigenen Autobiografie und schamlosem Lügen, weil der Protagonist jeder Geschichte mit dem Autor*In verschmilzt. Ich bin die Protagonistin meiner eigenen Texte, und da ich sowieso immer gefragt werde, ob meine Texte erlebt sind, also autobiografisch, selbst wenn ich über Drachenabenteuer schreibe, dann kann ich das ja auch gezielt nutzen. Wenn mich also jemand fragt, ob meine Texte autobiografisch sind, sage ich ganz klar: Jein.

Nehmen wir kurz an, die Antwort lautet Ja. Dann bin ich die Chronistin meines Lebens. Und ganz ehrlich, dass ist stinklangweilig. Und wenn die Antwort Nein lautet, müsste ich sagen: Ätsch, angelogen. Auch unschön. Zuhörer wollen unterhalten werden, sie wollen gute Geschichten hören, aber nicht angelogen werden. Und ich will nicht alles so schildern, wie es passiert ist bzw. bestehe auf die Bezeichnung „Schriftstellerin“ und nicht nur Tagebuchschreiberin. Schließlich habe ich viele Stunden Arbeit in meine Texte gesteckt. Üben, lernen, versagen, besser werden. Bis ich zum Schluss sagen konnte: Hallo, mein Name ist Carolin, ich schreibe. 

Also betrachte die Sache mit einem Augenzwinkern, ich tu´s auch. 🙂

Meine Oma kommt in manch einem Lesebühnentext vor. Sie starb vor einigen Jahren und ich vermisse sie sehr. Seit ein oder zwei Jahren besucht sie mich in meinen Texten, eine jüngere, agilere Version von ihr. Das ist nicht autobiografisch. Aber gut für mein Seelenheil.

Ich gehöre obendrein zu den Menschen, die wenig spontan und schlagfertig sind. Oftmals fällt mir in einer merkwürdigen Situation keine vernünftige Antwort ein und Stunden später, daheim hätte ich sie dann parat: Die perfekte Antwort. In einem Lesebühnentext spielt Zeit keine Rolle. Da kann ich bissige Kommentare von mir geben, dann wenn sie vonnöten sind.

Zum Schluss, wenn sich die Zuhörer in den Texten wiederfinden und sich lachend auf den Oberschenkel hauen, dann habe ich alles richtig gemacht. Mit meinem Lesebühnentext. Wenn die Zuhörer*Innen sich nicht wieder erkennen, ist das auch nicht schlimm. Dann greift immer noch der Bauer-sucht-Frau-Effekt: Sie können mit dem Finger auf mich zeigen und sagen: Haha, zum Glück bin ich nicht so doof!

Dann ist immer noch alles paletti. 🙂

 

Fragen an die Autorin #7

FAQ: Wie wird man Schriftsteller? Wie wurdest du Schriftstellerin?

Caro alles super #7Es gibt mehrere Varianten dieser Frage, alle haben mit Werden und hinkommen zu tun. Ich für meinen Teil bin schon immer Schriftstellerin gewesen. Man ist das ja lange bevor man einen Stift aufs Papier setzt oder den Computer einschaltet. Wenn ich meinen Bleistift aufs Papier setzte, ist die Geschichte im Kopf schon fertig.

Ich habe schon als kleines Kind über Geschichten nachgedacht, über Filme und Bücher und was ich daran mag oder eben nicht. Ich habe mit fünf oder sechs „Arielle“ gesehen. Viel Gesinge und die Frage; Kriegen sie sich oder nicht?

Der Film hört da auf, wo ich dachte „Oh, jetzt wird es interessant“. Das Sich-kriegen fand ich langweilig. Ich habe überlegt, was passiert eigentlich, wenn die zwei sich endlich haben? Ich dachte ernsthaft, ich könnte das besser. Eine Geschichte erzählen bis zum wirklichen Ende. Weil, nachdem sich die beiden haben, fängt die Geschichte doch erst an.

Das ist vielleicht das Schönste am Kind sein. Dieser unerschütterliche Glaube alles besser zu können und besser zu wissen. Und weil man noch nie gescheitert ist, stimmt es ja auch. Es ist schade, dass man sich diese Zuversicht ins eigene Können nicht rüber retten kann, ins Erwachsenenleben. Mir jedenfalls ist viel davon abhanden gekommen.

Was ich sagen will, ist folgendes. Ich kam nicht zum schreiben. Ich wurde nicht Schriftstellerin. Ich bin es zu jedem Zeitpunkt gewesen. Was sich geändert hat, ist mein Wortschatz, mich auszudrücken, meine Art zu erzählen. Ich habe geübt und wurde besser. Ich übe immer noch, lerne noch. Mein Schreiben verändert sich dauernd. Sogar meine Stimme.

Aber mir war schon als Kind klar, ein Satz wie

„Da fliegt ein komisches Licht“

und

„Es flirren hunderte Glühwürmchen in meinem Garten hinter dem Haus.“

ist nicht das Gleiche. Und so fängt es wohl an. Das Schriftstellersein. Man überlegt sich, wie heißen die Dinge. Und; Ist das der Anfang einer Geschichte?

 

~Caro

Noch Fragen?

Fragen an die Autorin #6

Caro alles super 6FAQ: Wie gehst Du mit negativer Kritik, schlechten Rezensionen um?

Bisher hat noch niemand wirklich einen Text von mir übel verrissen. Nicht-Gefallen ist ja noch kein Verriss im Sinne von „Was du da geschrieben hast, ist Mist/unlogisch/langweilig.“ Ein gutes Beispiel ist mein Lieblingsautor John Irving. Ich erzähle gern, dass ich seine Detailverliebtheit mag, seine fünfundzwanzig komplexen Handlungsstränge, die merkwürdigen Figuren, das Wrestling und die Bären, Maine und die Hoffnung in den Texten. Es passiert mir oft, dass mir jemand all diese Aspekte aufzählt – als die Dinge, die nicht gefallen, die ihn/sie vom lesen abhalten. Es gibt tatsächlich Leute die meine Begeisterung nicht teilen und nur den Kopf schütteln angesichts all der „Freaks“ und der Umfänglichkeit seiner Geschichten. Wir meinen im Gespräch die selben Dinge, sehen sie nur anders. Ich kann das gut verstehen, ich empfehle niemandem Irving zu lesen, wenn er/sie keine Details mag. (Auch aus Egoismus, ich hätte ihn gern für mich allein 🙂 )

Ich bemühe mich die Meinungen anderer stehen zu lassen als das was sie sind. Meinungen. Als Anfänger habe ich oft den Fehler gemacht, meine Texte lange und ausführlich erklären zu wollen, bis jemand mir einen wirklich guten und hilfreichen Tipp gab.

„Du kennst deine Leser nicht persönlich. Du kannst keinem auf den Schoß sitzen und all diese Erklärungen abliefern. Der Text muss im Wohnzimmer des Lesers ohne Erklärung und ohne dich funktionieren. Halt dein Ego da raus.“

Ich habe seither die Devise, dass ich nichts mehr rechtfertige oder erkläre. Jeder Text steht für sich und erklärt sich selbst – es muss alles Wichtige drin stehen. Tut es das nicht  habe ich meine Arbeit schlecht gemacht. Wenn der Text zum Schluss nicht gemocht oder verstanden wird, ist das zwar schade, aber auch kein Weltuntergang. Ich finde es auch nicht notwendig, das alles verstanden wird. Ein bisschen Interpretationsspielraum muss ja auch noch bleiben.

Aber Fragen beantworte ich natürlich.

Fragen an die Autorin #5

Caro alles super 5FAQ: Was bedeutet dir das Schreiben?

Das Schreiben ist mein Zuhause. Hier kann ich sein. Im Alltag da sind wir viele Personen. Tochter, Mutter, Freundin, Arbeitskollegin, Kundin. In jeder Situation verhalten wir uns anders. Ich rede mit meiner Mutter anders, als mit der Nachbarin. Im Büro verwende ich keine Schimpfwörter, am Freitagabend mit den Freundinnen in einer Bar machen wir böse und vulgäre Sprüche. Mutti dürfte mich da nicht hören. 🙂

In manchen Momenten frage ich mich, welche Caro eigentlich die echte, die richtige ist. Wenn ich allein bin?

Es gibt ein unglaublich schönes Gedicht von Shel Silverstein über die Masken, die wir tragen. In dem Gedicht suchen zwei nach der Farbe blau und verbergen aber, dass sie Blau sind.

Wenn ich schreibe, trage ich keine Maske. Alle Personen, die ich bin, werden zu einer. Ich finde heraus wie ich über die Welt und ihre Fugen denke, lerne mich dabei selber besser kennen, sehe, über welche Dinge ich lachen kann, über welche nicht. Die besten Texte sind die, die ich mit großer Emotion geschrieben habe, Dinge über die ich mich ärgere, die mich freuen oder die ich liebe. Ich fasse in Worte, was ich sehe. 

Für die meisten Menschen ist wohl ein Ort ihr Zuhause, für mich ist es ein Gefühl. Wenn mich einer fragt, was ich bin, dann sage ich laut „Schriftstellerin“ und leise in mich hinein „unfertig.“ Eine Geschichte oder gar ein Buch zu veröffentlichen bedeutet ja nicht, dass man nun fertig ist und alles erreicht hat. Wie im Job; Ausbildung, Prüfung, Arbeitsleben. Im Beruf kann ich Berufserfahrung sammeln. Beim Schreiben braucht es Lebenserfahrung und dafür gibt es kein Zertifikat mit wichtigen Unterschriften drunter. Im Gegenteil.

Vermutlich werde ich in fünf Jahren zurück schauen, mein Büchlein an einer beliebigen Stelle aufschlagen und einen Rechtschreibfehler finden. Und dann werde ich lächeln, nachsichtig darüber hinweg sehen, und mich freuen, dass sich meine Texte, also der Inhalt so wie die Erzählweise, weiter entwickelt haben. Fertig werde ich dann immer noch nicht sein. Ich hoffe sehr, dass ich diesen Prozess bis ins hohe Alter wiederholen kann. Vielleicht kann ich sogar, so wie ich angefangen habe, entscheiden aufzuhören, und es gut sein lassen. Nachdem ich erzählt habe, was mir wichtig war.

Das Buch ist nur eine Stufe auf einem langen Weg. Und der verläuft nicht gerade oder nur bergauf, der hat  Steine und viele Kurven, Schlaglöcher und Gruben. Neulich sagte ich zu einem Kollegen, dessen Buch ich gelesen hatte: „Ich träume nachts davon, solche Geschichten wie du zu schreiben.“ Und ich meinte es so, es war ein großartiges Buch, gleichzeitig dachte ich: Sowas, das schaffst du nie. Dabei habe ich bestimmt ein Dutzend Dinge erreicht, von denen ich dachte, dass ich sie nie schaffen würde. Ich werde also weiter schreiben und sehen was passiert.

Ich denke manchmal, auf dem Weg hierher, da habe ich keine Grube ausgelassen. Das ist aber gar nicht schlimm. Ich habe gelernt wieder heraus zu krabbeln, ich habe gelernt zu scheitern, und dann weiter zu machen.

Ich mache immer weiter. Weil ich das Schreiben liebe. Ich liebe es geschrieben zu haben.

~Caro

 

 

Noch Fragen?

 

Fragen an die Autorin #4

Caro alles super 4FAQ: Gibt es konstruktive Kritik?

Ja, ich glaube es gibt konstruktive Kritik. Wenn ich versuche Pfannkuchen zu backen, aber die Pfanne nicht einfette, dann ist es konstruktiv zu sagen. „Caro, fette die Pfanne ein, dann brennt dir dein Pfannkuchen nicht an.“

Ich erlebe oft die Situation, dass ich zu jemandem sage: „Mach xy*, dann wird dein Text besser.“

Mein gegenüber führt sich dann auf als hätte ich gesagt: „Dein Text ist so scheiße, gib das Schreiben endlich auf, du Vollpfosten!“ Sie hören nicht: Besser ist die Steigerung von gut.

*kürzen, weniger Adjektive, logischer Aufbau, genauere Beschreibung undsoweiterundsofort.

 

Noch Fragen?

Fragen an die Autorin #3

Caro alles super 3FAQ: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

„Den Wunsch zu schreiben und zu erzählen hatte ich schon immer. Ich weiß wirklich nicht woher das kommt, es ist mir letztlich auch egal. Ich frage mich nicht woher der Wunsch kommt zu atmen. Ich tue es einfach. Es gab aber ein Schlüsselerlebnis. John Irving brachte mich zum Schreiben. Natürlich auch viele andere Umstände, aber letztlich nur er. Ich las „Gottes Werk & Teufels Beitrag“ und dachte: „Solche Geschichten will ich auch erzählen. Geschichten sind Wunder!“ Und so fing ich an.

Seite um Seite schreibe ich mich meinem Ziel näher. John Irving ist mir seit vielen Jahren Vorbild, Mentor und Fixstern im Schreiben und Werden. In mir schlummert eine Geschichte, mein persönliches Opus Magnum, und hoffe sehr, dass ich irgendwann das Handwerkszeug beisammen habe um diese eine Geschichte erzählen zu können.“

Noch Fragen?

Fragen an die Autorin #2

Caro alles super 2FAQ: Woher nimmst du deine Ideen?

„Die Frage impliziert, das Schreiben wie Marmorkuchen backen ist. Eine Frau entscheidet sich: Aha, heute gibt es Kuchen. Dann geht sie einkaufen was sie laut Rezept braucht. Zuhause rührt sie alles zusammen, voila zum Kaffee gibts Kuchen. Toll.

Wenn ich mich entscheide, einen Krimi zu schreiben, dann kann ich mich schon ans Rezept halten und die Recherchen klappen auch noch prima. Aber dann geht es eher zu wie in einem Kindergarten. Ich schreibe hübsch auf einen Zettel:

Freunde, um halb neun gibt es Frühstück, um elf ist Singkreis und um drei sind wir dann fertig.“

Das ist den Ideen aber herzlich egal. Die guten Ideen fesseln mich mit einem Seil an den Stuhl und rennen dann wild brüllend um mich herum. Und wie im Kindergarten kriegt das Kind, welches am lautesten brüllt, meine Aufmerksamkeit.

Am Schluss habe ich schon meinen Marmorkuchen-Krimi. Im Rezeptbuch steht dann halt noch eine witzige Kurzgeschichte, ein Kinderlied für den Lieblingsneffen, ne Schmonzette und der Entwurf für ein Gedicht über die emotionale Beziehung zu meinem Handy mit 29 Strophen. Darum kümmer´ ich mich dann später.“

Fragen an die Autorin #1

2015-07-13 18.23.10FAQ: Sind deine Texte autobiografisch?

„Ich mag die Frage nicht besonders. In jeder Geschichte stecken ein oder zwei Puzzleteile von mir drin. Ich möchte selber aber nicht jeden Satz darauf abklopfen ob es die Wahrheit und genau so passiert ist. Ich betrachte meine Texte wie Märchen. Nicht die gruselige Sorte. Sondern Geschichten, die mir ein gutes Gefühl vermitteln. Meine Oma zum Beispiel. Sie kommt in manchen Geschichten vor. Sie ist vor einigen Jahren gestorben und ich vermisse sie sehr. Wenn ich mir eine Geschichte ausdenke, ist es so, als könnte ich mich nochmal mit ihr unterhalten, ganz so als wär sie mittags zum Kaffee auf Besuch. Das ist gut fürs Seelenheil aber eben nicht autobiografisch.“

~Caro