Tanja Kasten ist gelernte Industriekauffrau. Während ihres Studiums der Deutschen Literaturwissenschaft, Soziologie und Deutsch als Fremdsprache war sie u.a. als Chattutorin des Goethe Instituts beschäftigt und entdeckte ihre Begeisterung für eLearning-Methoden. 2014 rief sie das kulturelle Online-Projekt „Yúcale“ ins Leben, in dessen Rahmen sie nun regelmäßig Lesungen, Konzerte und auch Ausstellungen organisiert.
Tanja, wann und wie hast du Second Life entdeckt?
Ich glaube, es war 2007 als ich das erste Mal durch einen Bekannten von Second Life erfuhr. Er erzählte von Leuten, die virtuell ihrer Arbeit nachgehen, sich Avatare und Umgebungen basteln würden. Das klang anfangs recht spannend für mich, da ich mich schon damals für eLearning-Methoden und dergleichen interessierte. Als ich dann den SL Viewer runter geladen und getestet hatte, war ich aber nach kaum 15 Minuten doch sehr enttäuscht bzw. gelangweilt. Kann mich daran erinnern, dass ich das Umziehen des Avatars schon recht nervig fand und auch nicht so wirklich etwas mit mir dort anzufangen wusste. Ich war dann auch erst mal ganz lange nicht mehr in SL online.2008 versuchte ich einen zweiten Anlauf. Während meines Studiums war ich u.a. als Chattutorin des Goethe Instituts tätig. Das Goethe Institut bot damals auf einer eigenen Sim Sprachtreffen für Deutschlerner an. An diesen Treffen nahm ich eine Weile lang teil. Erkundete aber auch andere Sims und landete schon am zweiten Tag auf einer aktiven Rollenspiel Sim mit vielen hilfsbereiten Usern. Da hat es mich dann doch gepackt.
Warum begeistert dich SL?
Spannend an SL finde ich gleich mehrere Dinge. Zum einen ist es einfach toll, wem man dort alles begegnen kann. SL ist ja nahezu weltweit verfügbar und dementsprechend sind auch verschiedene User anzutreffen. Man begegnet Leuten, denen man außerhalb SL wohl eher nicht begegnen würde. Dadurch ergeben sich auch oft spannende Gespräche und Ideen. Man begegnet vielen kreativen Köpfen.Zum anderen ist es auch einfach eine gute Gelegenheit sich selber ein wenig auszuprobieren. Sei es, dass man sich mit kreativen Dingen beschäftigen mag, lernen möchte zu skripten oder sich einfach mit Gleichgesinnten austauschen und Tipps zu verschiedenen Themen holen will. So bastle ich momentan mit einigen anderen SL Usern an einem Projekt, bei dem es im weitesten Sinne um „Acoustic Poetry“ geht.
Was genau machst du da?
Eine zeitlang war ich eher sporadisch online. Nahm an Rollenspielen teil, besuchte verschiedene Sims, traf mich mit Leuten in Clubs und hörte einfach nebenher ein bisschen Musik, während ich daheim am PC arbeitete oder besuchte Lesungen. Das wurde mir aber auf Dauer zu einseitig. Irgendwie reichte mir das nicht.Ende 2014 rief ich dann ein kulturelles Projekt namens „Yúcale“ ins Leben, in dessen Rahmen ich nun verschiedene Arten Onlineevents organisiere. Das sind mal Autorenlesungen, mal Livekonzerte, mal Ausstellungen, mal Spiel- oder Hörspielabende. Je nach Lust, Laune und Ideen, die so aufkommen. Toll an SL ist ja, dass man je nach Eventidee auch eine passende Location bauen kann. Das ist gerade für Lesungen, Theaterstücke und Kunstausstellungen interessant. Es gibt einige wirklich gute Bühnenbauer in SL. So hatten wir schon riesige Raumstationen für Sci Fi, alte Ruinen für Fantasy oder sogar einen düstere Wohnsiedlung für eine Krimilesung. Einige Künstler schaffen auch eine Art begehbares Kunstwerk, sodass man ihre Werke nicht nur einfach als 2-D Objekt betrachten sondern auch in seinen Einzelheiten erkunden kann.
Für wen ist Second Life geeignet und mit was für Leuten hast du in deinem Café Yúcale zu tun?
Ich glaube, dass SL grundsätzlich für alle geeignet ist, die offen für soziale Netzwerke im Web sind. SL ist ja weniger ein Game sondern eher eine Art Tool, mit dem man virtuelle 3D Welten basteln und sich mit anderen Usern verbinden kann. Ob das nun eher im kulturellen Bereich ist oder bei Rollenspielen oder sogar kommerziell beim Verkauf von Meshobjekten, Animationen und dergleichen, vieles ist machbar. Es tummeln sich eine Menge Menschen mit unterschiedlichsten Interessen und Hintergründen dort.Durch Yúcale habe ich überwiegend mit Autoren, Künstlern, Musikern und DJs zu tun. Viele von ihnen gehen dieser Arbeit auch im wahren Leben nach. Andere haben ihre Leidenschaft zum Hobby gemacht und bauen sich über SL eine kleine Community auf. Neben den Gästen, die sich einfach nur ein bisschen unterhalten (lassen) wollen, gibt es auch Blogger. Diese Blogger machen oft Bilder oder sogar Videos von den jeweiligen Events und teilen diese dann auf ihren Blogs, sodass auch im Nachhinein noch eine kleine Erinnerung bleibt oder sogar Nicht-SLer nachsehen können, was online machbar und erlebbar ist.Spannend finde ich allerdings besonders, wenn man Leute kennenlernt, die gerade erst ihre Begeisterung für Kunst, Literatur o.ä. entdecken. So begegnen mir auch immer wieder Leute, die ganz überrascht sind, dass es in SL auch ein kulturelles Angebot gibt und probieren sich dann auch das erste Mal in diesen Bereichen aus. Dabei ist Yúcale weder das erste noch das einzige Projekt dieser Art. Es gibt verschiedene Communitys sowohl im deutschsprachigen als auch im internationalen Bereich, die kulturelle Events anbieten. Die Programme mögen variieren, aber grundsätzlich findet auch dort wesentlich mehr als nur einfaches Chatten und Rumbasteln an Pixelpüppchen statt.Letztlich ist SL für mich eine Art Verlängerung des RL. Ich habe auch außerhalb SL in unterschiedlichsten Rahmen mit verschiedenen Leuten Veranstaltungen wie Lesungen und Partys organisiert. Das gehört einfach zu mir. Ich lerne einfach immer gerne Neues kennen und Eventorganisation, ob nun on- oder offline, macht dies möglich.
Vielen Dank für das Interview!
PS: Möchtest du an der Interview-Reihe „Zwei Fragezeichen“ teilnehmen?
Marc Benjamin Schieler, 1980 in Stuttgart geboren, schreibt, seit er schreiben kann. Autobiografisch, journalistisch, werbetextlich und literarisch. Am liebsten in der Ferne, bei mehrmonatigen selbstorganisierten Aufenthalten in Palermo oder Lissabon. In Würzburg studierte er Politik, Geschichte und Psychologie. 2011 gewann er unter seinem Pseudonym Marc Bensch den Autorenwettbewerb „You want to read in Frankfurt“ des Netzwerks Junge Verlagsmenschen, 2012 erhielt er ein Stipendium vom Förderkreis deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg. Literarische Veröffentlichungen unter anderem in Anthologien von btb und dem Geest-Verlag folgten. Weitere Informationen stehen auf www.buchbensch.de.
Marc, was ist dein Thema, als Mensch, als Autor?
In beiden Fällen: die Suche nach dem guten Leben. Die Irrwege, die Abzweigungen, die Sackgassen, die flüsternden Dämonen. Und die Glücksmomente, die kleinen Etappensiege, die von einem Lächeln begleiteten Atempausen. Als Thema furchtbar unoriginell, ich weiß, weil so universell (oder gibt es jemanden, der explizit und aus freien Stücken das schlechte Leben sucht?) Aber es ist eben auch absolut individuell. Schließlich ist mein Weg – oder treffender: mein Balanceakt – meiner allein und nicht übertragbar. Es gibt nur grobe Leitgedanken, die man sich vielleicht zu Herzen nehmen könnte, die ich mir zu Herzen nehmen versuche. Zum Beispiel den Satz, den ich sinngemäß bei Fabio Volo las (der ihn wahrscheinlich sinngemäß bei Leo Tolstoi las): Glück besteht nicht darin, das zu tun, was man will, sondern das zu wollen, was man tut.
Woran arbeitest du gerade?
An einem Roman über fünf Glücksritter und einen Erzähler. Es geht um Selbstbestimmung und Fremdsteuerung. Und um die Suche nach der Antwort auf Frage eins.
Wie sieht dein perfekter Leser aus? Wer ist bei dir genau richtig?
Ich glaube nicht an Perfektion. Allein die Vorstellung schüchtert mich wahlweise ein oder ödet mich an. Aber der optimale Leser ähnelt mir stark. Ich will berührt werden, wachgerüttelt, verzaubert, inspiriert, angeregt. Nicht zwingend alles gleichzeitig, aber doch mindestens eines davon. Ob ich, der Autor, mir, dem Leser, gerecht werden würde, fällt mir schwer zu beurteilen. Ich bin voreingenommen.
Vielen Dank für das Interview!
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Sören Prescher wurde am 9. August 1978 in Bautzen geboren, ist verheiratet und wohnt mit seiner Familie in Nürnberg. Er ist Mitglied der 42er Autoren. Neben seiner Arbeit für ein internationales Wirtschaftsunternehmen schreibt er Artikel und Berichte für das Nürnberger Musik- und Kulturmagazin RCN. Seit der Jahrtausendwende veröffentlichte er Kurzgeschichten und Gedichte in zahlreichen Anthologien.
Nach dem Psycho-Drama „Superior“ (Brendle-Verlag) und dem Militärthriller „Der Fall Nemesis“ (Voodoo Press Verlag) folgte die erste gemeinsame Zusammenarbeit mit Tobias Bachmann, der phantastische Kriminalroman „Sherlock Holmes taucht ab“, im Fabylon Verlag. Danach erschienen das Steampunk-Abenteuer „Der Flug der Archimedes“ (Fabylon Verlag), der zweiteilige Mystery-Thriller „Marty“ (Rouven Finn Verlag), der in Nürnberg spielende eBook-Krimi „Verhängnisvolle Freundschaft“ (Gmeiner Verlag), der Thriller „Raststopp“ (Bookshouse Verlag), sowie zusammen mit Silke Porath die drei Kurzkrimisammlungen „Wer mordet schon zwischen Alb und Donau?“, „Wer mordet schon in der Oberlausitz?“, „Mörderische Sächsische Schweiz“ und der Roman „Klosterkeller“ (alle vier im Gmeiner Verlag). Im Herbst 2017 erscheint sein Mystery-Thriller „Die Verschwörung der Schatten“ im Luzifer Verlag.
Sören, du magst/schreibst Gedichte, Krimis und über Sherlock Holmes und … Horror. Interessante Mischung. Trennst du das alles? Ja, nein, und warum?
(Ich glaube, ich hab noch nie ein Horror-Gedicht gelesen, und bin echt neugierig, ob es sowas gibt?)
Zu Beginn nehme ich keine Trennung vor, sondern schreibe alle Ideen auf, die mir in den Sinn kommen. Manchmal sind Zeilen für Gedichte darunter, in der letzten Zeit schreibe ich Lyrik allerdings nicht mehr so häufig. Wenn ich darüber nachgrübele, wie aus den Fragmenten eine Geschichte wird, habe ich das Genre ebenfalls noch nicht im Kopf. Selbst beim Schreiben ist es erstmal nebensächlich, da es mir dort nur darum geht, das jeweils Beste aus der Story herauszuholen. Sobald ich mit allem fertig bin, mache ich mir Gedanken darüber, in welche Kategorie das Werk passt, damit meine Agentin den „Stoff“ den richtigen Verlagen anbieten kann. Um den zweiten Teil deiner Frage zu beantworten: Es gibt ein ziemlich berühmtes Horror-Gedicht namens „Der Rabe“, geschrieben von Edgar Allen Poe. Das ist wirklich genial, kann ich dir nur wärmstens empfehlen.
An was arbeitest du gerade? (Ganz neues Genre oder bleibst du in den dir bekannten Gewässern?)
Zur Zeit arbeite ich an zwei Projekten gleichzeitig:
1) Zusammen mit Silke Porath tüftele ich an einem neuen Krimi, der nächstes Jahr beim Weltbild Verlag erscheinen soll. Über die Handlung möchte ich noch nichts verraten, nur so viel: Es ist eine leicht verzwickte Sommergeschichte, in der es um Mord, einen pfiffigen Boxerhund und einen chaotischen Getränkeverkäufer geht. Wem unsere bisherigen Krimis (insbesondere der „Klosterkeller“) gefielen, wird sicherlich auch mit dieser Geschichte viel Spaß haben. Alle anderen natürlich ebenso.
2) Außerdem verpasse ich meinem Mystery-Thriller „Verschwörung der Schatten“ den letzten Feinschliff. Der Roman erscheint im Herbst im Luzifer Verlag und dürfte genau das Richtige für alle sein, die es düster und geheimnisvoll mögen.
Vielen Dank für das Interview!
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Nicolai Köppel – 1972 in Berlin geboren, lebt heute mit Familie in Heilbronn.
Schlafwagenschaffner, Autor, Liedermacher und so viel mehr. Nick, was fehlt deiner Meinung nach und muss, bevor du den Löffel abgibst, noch auf die Done-it-Liste?
Schlafwagenschaffner war ja nur zielloses Herumgejobbe nach dem Abi, macht sich aber auch nach über zwanzig Jahren immer noch gut in der Vita. Vielleicht sollte ich noch was dazuerfinden, das prüft ja kein Schwein nach. Also soll ab heute überall stehen, dass ich in der unrecherchierbaren Vor-Internet-Ära auch mal archäologische Hilfskraft in Südamerika war. In Vergessenheit gerät so leicht (aber vielleicht auch mit Recht), dass ich mit nur kleinen Pausen fast zwanzig Jahre lang in Buchhandlungen gearbeitet habe – würde ich heute nicht mehr machen, die Branche hat sich derart verändert, dass es für den Arbeitnehmer erträglichen Buchhandel nur noch in Inselform gibt. So komme ich um die Verführung herum, zu viele Bücher mit Kollegenrabatt zu kaufen, die ich dann eh nicht lese, weil es mit den meisten Büchern ist wie mit manchen Leuten: es gibt eine Phase des Kennenlernens, in der man viel von seinen eigenen Wünschen da reinliest. Wenn die dann aber aufgeschlagen und durchgeblättert bis angelesen bei einem zu Hause rumliegen, findet eine Entzauberung statt, die selten frei von Ernüchterung ist. Es gibt Ausnahmen. Die sollte man der Reihe nach heiraten. Und weiterempfehlen. Dass ich auch noch Film studiert habe, muss keiner wissen, das war ein einziges fünfjähriges und im Kern fachfremdes Cappuchinotrinken. Heute bin ich Laktoseintoleranzler und Vegetarier. War keine Absicht. Jaja, die bucket list – gute Frage für den Inhaber einer klassisch durchbrochenen Erwerbsbiographie mit Sprüngen. Weil das aber auch kein Plan war, kann ich dazu nur sagen: da kommt wohl noch was, wovon ich jetzt noch keine Ahnung habe, aber eben deswegen hier kein Wort davon. Ich glaube, ich wäre gern mal für eine Weile archäologische Hilfskraft in Südamerika. Wenn’s so weiter geht, nehm ich auch Nordamerika. Theater hab ich noch nicht geschrieben, warum eigentlich?
Astronaut. Marmelade. Weltwunder. Was passiert hier?
Freie Assoziation? Okay: der Astronaut nimmt Gesteinsproben und verwahrt sie in einem mitgebrachten Marmeladenglas, weil die ganz fest schließen. Und Weltwunder: Die chinesische Mauer sieht man von da oben nicht, das ist ein Gerücht, erfunden von Leuten, die nicht selber oben waren. Typisch. Wenn man will, dass eine Lüge verfängt, muss man sich was aus seinem eigenen Kompetenzbereich (oder was die anderen dafür halten) zusammenfabulieren. Nur ist das bei den meisten entweder nicht so ergiebig wie sie sich das wünschen (wer Autor ist, kann und muss da recherchieren, darf man nicht weglassen, ist wichtig, macht auch Spaß) oder es stimmt wieder mal, dass man selbst nicht weiß, was man alles weiß. Und dass man eigentlich nix weiß, weiß ich nicht schon seit dem sporadischen Philosophieunterricht in der Oberstufe, sondern das erfahre ich aus dem Internet – über die Sendung-mit-der-Maus-App. Die chinesische Mauer gehört übrigens noch nicht mal zu den Original-Weltwundern, die kam erst später auf eine ähnliche Siebener-Liste. Schloss Neuschwanstein kam bei der Abstimmung auf Platz 8. Soll nochmal einer sagen, bei der Carolin im Interview lernt man nix. Jetzt hab ich zwölf Wikipedia-Tabs offen.
Vielen Dank für das Interview.
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Geboren am 26.Februar 1963 in Wattenscheid, dort auch aufgewachsen und zur Schule gegangen. Abitur an der Märkischen Schule.
1985 begann ich die Ausbildung bei der Polizei NRW. Danach war ich im mittleren Dienst, mit Hundertschaft und Streifendienst, eingesetzt. Anschließend erfolgte das Auswahlverfahren in Münster für die Zulassung des Studiums zum gehobenen Dienst.
1997 habe ich an der Fachhochschule Dortmund mein Diplom als Verwaltungswirt abgelegt. Nach dem Studium bis Ende 1998 war ich als Kriminalkommissar beim Landeskriminalamt Düsseldorf im Bereich „Auswertung Falschgeld“ tätig.
Seit Ende 1998 bin ich beim Polizeipräsidium Bochum in einer Fachdienststelle der Kriminalpolizei tätig und bearbeitete dort Betrugsdelikte. Seit dem 01.01.2016 bin ich im Bereich der Internet- und Computerkriminalität tätig.
Die Ernennung zum Kriminalhauptkommissar erfolgte im Jahr 2008.
Ich habe mich aus zwei Gründen für einen Kriminalroman entschieden. Der erste Grund ist natürlich mein Beruf und die Tatsache, dass ich mich mit der Materie ein wenig auskenne.
Der anstehende runde Geburtstag meiner Frau war der zweite, vielleicht sogar intensivere Grund für meinen Roman. Sie liebt Kriminalromane und ich wollte ihr ein besonderes Geschenk machen, ein ihr gewidmetes Buch aus der Feder ihres Mannes.
Ich habe ein gutes Jahr vor dem Geburtstag angefangen und mit Schrecken feststellen müssen, dass dieser Zeitrahmen doch sehr optimistisch ausgelegt war. Das Buch war nicht zu meiner Zufriedenheit fertiggestellt und musste ihr ein Exemplar drucken lassen, das mich nicht wirklich glücklich machte. Erst ein halbes Jahr nach dem Geburtstag war ich mit dem Buch zufrieden.
Noch während des Schreibens stellte ich fest, dass ich „Testleser“ und ein Feedback brauchte und bat daher immer wieder Freunde, und Bekannte, einzelne Passagen zu lesen. Die Hinweise, Korrekturen und Anmerkungen habe ich in vielen Bereichen dankbar angenommen und umgesetzt. Die Rückmeldungen waren meist positiv, jeder wollte mehr lesen und wissen, wie die Geschichte weitergeht. Dies war dann ein zusätzlicher Ansporn für meine schriftstellerischen Gehversuche.
Ich habe mich mit einem Kollegen, einem ehemaligen Leiter der Dienststelle für Tötungsdelikte, Herrn Axel Pütter, siehe Rowohlt-Verlag, „15 Morde und andere Todesfälle“, zusammengesetzt, um mögliche Fehler bei der Arbeit einer Mordkommission zu vermeiden. Ich hatte die Sorge, dass ich rechtliche oder taktische Fehler eingebaut oder Ermittlungstätigkeiten übersehen oder falsch interpretiert habe. Glücklicherweise war dies nicht der Fall.
Über den Verband freier Lektoren und Lektorinnen habe ich Herrn Dr. Weinreich kennengelernt, der glücklicherweise in Wattenscheid wohnt. Dieser erstellte ein äußerst positives Gutachten, das mich selbst unglaublich überraschte. Er wollte nicht glauben, dass ich nie zuvor geschrieben habe und bat mich, damit nicht aufzuhören.
Der Anfang der Geschichte basiert auf einen wahren Vorfall.
Ich wurde 2013 bewusstlos in unserem Haus aufgefunden und erwachte ohne Erinnerung im Krankenhaus. Die Bewusstlosigkeit dauerte gut zwei Tage. Nach dem Aufwachen wusste ich weder meinen Namen, noch mein Geburtsdatum oder den Namen meiner Frau. Ich hatte/habe keine Erinnerung daran, was passiert war. Erst ein oder zwei Tage nach dem Aufwachen setzten die Erinnerungen wieder ein, doch es blieb, bis heute, ein Blackout von einer Woche. Die Erinnerungen kehrten bis heute nicht zurück.
Dies fand ich als perfekten Einstieg in die Geschichte. Die Darstellung meines Erwachens, meiner Verwirrtheit und meiner Sorgen nahm ich als Aufhänger und versuchte, diese Verwirrtheit und dieses Chaos dem Leser nahe zu bringen.
Das Ergebnis ist eine fiktive Geschichte um dieses Ereignis herum.
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Allan, du bist schreibender Polizist mit einem Debüt-Krimi. Da drängt es sich ja förmlich auf zu fragen: Du bist nach Dienstschluss immer noch Ermittler? Es ist also alles echt und genau so passiert? Hm? Wo fängt Kriminalhauptkommissar Schramm an und wo hört Allan Ballmann auf?
Es mag unglaublich klingen, aber wir Ermittler von der Kriminalpolizei, vielleicht auch die gesamte Polizei, haben irgendwann auch mal Feierabend….. Ich renne nicht durch die Gegend oder halte mich bei Freunden und/oder Bekannten auf und registriere sofort jede Straftat oder halte danach Ausschau. Es ist mir ehrlich gesagt, auch egal, ob da gerade einer eine Raubkopie auf seiner Anlage spielt oder die Kinder kopierte Walt Disney Filme gucken. Sicherlich bin ich nicht päpstlicher als der Papst. Viele, die mich/uns nicht kennen, denken aber, dass wir ständig im Dienst sind und sofort ein Fass aufmachen. Aber bei gewissen Dingen bin ich bereit, jederzeit dienstlich zu werden. Kindesmissbrauch, Körperverletzungsdelikte und solche Sachen. Da wird keiner von uns wegsehen und auch einschreiten. Aber ich mache mir in meiner Freizeit keine Gedanken mehr über meine Fälle oder ermittle privat. Die Arbeiten in einer Mordkommission beschäftigen mich aber auch privat. Diese Fälle (besonders die schlimmen Dinge (s. Mord in der Rottstraße an alten Leuten oder die Kindstötung in Herne mit der Veröffnetlichung der Bilder des toten Jungen im Netz) kann man einfach nicht abschalten. Die Kreisen mir auch in meiner Freizeit im Kopf herum. Dann aber immer mit den Fragen, ob wir etwas übersehen haben oder ob wir noch etwas machen können? Woran müssen wir noch denken? Wer kann uns helfen? Ist der Fall aber abgeschlossen, versuche ich die Erinnerungen zu löschen (gelingt aber leider auch nicht immer).
Vielleicht konnte ich dir den Unterschied vom Hauptkommissar und dem privaten Allan etwas näher bringen.
Der Einstieg in mein Buch stellt ein reales Erlebnis dar (s. Vita). Ich habe es leider so erleben müssen und bis heute keine Erklärung für diesen Vorfall. Daher ist der Beginn der Geschichte in der Ich-Form und kursiv geschrieben. Es sollte für den Leser deutlich werden, dass ich hier einen wahren Vorfall beschreibe. Danach fängt die frei erfundene Geschichte an. Manche Fragen, die Schramm von Arzt oder Claudia gestellt bekommt, sind tatsächlich so gestellt worden (Wo ist das Auto? Welches Jahr haben wir? usw.). Mir ging es aber um die Aufwachphase, die ich so deutlich machen wollte. Die Morde, die Erpressung, Anatol usw. sind natürlich frei erfunden. Ich habe mir geschworen, keine realen Fälle aufzugreifen. Genau erklären kann ich das eigentlich nicht. Vermutlich bin ich zu nahe am Geschehen und könnte mit meinen Schilderungen den Opfern und Hinterbliebenen noch einmal weh tun. Dies will ich auf keinen Fall und daher werde ich auch zukünftig auf reale Fälle verzichten.
Ich kann nur schwer Abgrenzungen zu den Figuren und mir treffen. Schramm wird bestimmt mehr Gemeinsamkeiten mit mir aufweisen als Anatol. Aber ich glaube, dass jede Figur etwas vom Autor in sich trägt. Ich kann mir kaum vorstellen, absolut unbeeinflusst von meiner Person einen Charakter zu erschaffen, der absolut nichts mit mir zu tun hat. Wahrscheinlich ist dies unmöglich. Sogar erfundene Serienmörder werden Züge des Autors aufweisen, nicht die Mordlust, aber vielleicht die Geduld, der Wunsch nach Planung, Ängste oder wer weiß was. Ich habe einmal an einem Experiment teilgenommen. Wir sollten die postiven Eigenschaften einer Person beschreiben, die wir nicht mögen. Das haben wir auch gemacht und unsere Beschreibung (ohne Namensnennung) abgegeben. Wir waren sehr erstaunt als uns der Psychologe erklärte, dass wir damit uns selbst beschreiben oder beschreiben, wie wir sein wollen. Überraschender Weise hatte er meistens richtig gelegen. Daher glaube ich, dass jeder Charakter in einem Buch auch etwas über den Autor verrät. Ich bin auch so hartnäckig und sturr wie Schramm, verlasse mich lieber auf mich und bin neugierig wie ein altes Waschweib …
Wo hört Allan auf? Schwierige Frage. Ich kann mir nicht vorstellen, an einer Erpressung mitzuwirken oder einem Mord. Oder korrupt zu sein. ABER … da ist die Sache mit der Apotheke und den Pferden. Ich habe viele Abgründe gesehen und bin mir sicher, dass jeder Mensch zu Dingen fähig ist, die man vorher nicht für möglich hielt. Für niemanden würde ich eine Hand ins Feuer legen, weder für mich, noch für meine Frau oder Eltern oder sonstigen Menschen in meiner Umgebung. Das ist auch der Konflikt, den Laumann in sich trägt und der ihm zu schaffen macht (auch wenn er es besser wissen müsste).
Und dann: Du schreibst (ohne Vorkenntnisse?) einfach ein Buch, findest einen Verlag und dann Leser? Wie hast du das angestellt?
Diese Frage wird mir häufig in den Lesungen gestellt und ich kann keine Antwort geben. Ich weiß einfach nicht, wie ich auf die Idee mit dem Buch gekommen bin. Es sollte nur ein Geburtstagsgeschenk für meine Frau werden. Wirklich, ich habe keine Ahnung und bin nur froh, dass mir nicht eine Oper in den Sinn gekommen ist. Natürliche lese ich sehr gerne und schaue auch gerne Filme, aber das kann auch kein richtiger Grund sein. In einer Lesung habe ich mal gesagt, dass es wie mit einer schlechten Melodie war. Man kriegt diesen Song, so schrecklich er auch ist, einfach nicht aus dem Kopf. So erging es mir mit dem Buch. Ich habe mich an den Rechner gesetzt, Word aufgemacht und losgelegt (März 2014). Von nix eine Ahnung (und davon jede Menge), aber voller Euphorie und Tatendrang.
Ich habe dann einzelne Passagen weitergereicht und mir Rückmeldungen geholt, die sehr positiv ausfielen. Da ich aber ein sehr skeptischer Mensch bin (insbesondere wenn es um mich geht), habe ich alles zur Kenntnis genommen und abgelegt. Es sollte ja nur ein Exemplar für meine Frau werden, also konnte ich mich kaum blamieren. Ich habe auch immer gedacht, welcher Freund wird mir schon die Wahrheit sagen? Hätte ich einem Freund sagen können, er soll das Manuskript in die Tonne werfen und doch lieber einen Ring kaufen? Wahrscheinlich nicht, also habe ich das so zur Kenntnis genommen, mehr nicht.
Zum Geburtstag habe ich dann ein Exemplar erstellt. Ein richtiges Buch mit Cover, Danksagung und alles, was so dazu gehört. Natürlich war die Geschichte etwas anders und bei weitem nicht so professionell wie bei der Veröffentlichung – aber immerhin. Meine Frau war begeistert und wollte unbedingt Exemplare drucken lassen, als Geschenk für Freunde oder Bekannte zu besonderen Anlässen. Das war mir aber dann zu teuer und so habe ich Axel Pütter angesprochen. Er war jahrelang Leiter einer Mordkommission und als ich ihn ansprach, Leiter der Pressestelle des PP Bochum. Er hatte bereits ein Buch veröffentlicht und ich wollte seinen Rat. Ich ging aber davon aus, dass er selbst veröffentlicht hat. Erst im Gespräch wurde mir bewußt, dass er über einen Verlag veröffentlicht hat. Er hat sich das Buch gegriffen, war total aus dem Häuschen und schlug mir vor, einen Verlag zu suchen. Einige Tage habe ich überlegt (April 2015). Das habe ich ja gar nicht gewollt und ich war mir nicht sicher, ob es eine gute Idee war. Nach einer Woche habe ich dann zugesagt, aber es war zu spät – Axel hatte es schon zwei Verlagen vorgelegt. Im Juni 2015 habe ich den Lektor mit dem Gutachen beauftragt. Der gab es dem Lübbe Verlag, der aber erst 2018 oder 2019 mit dem Buch auf den Markt wollte. Im Dezember 2015 kam dann der Gardez! Verlag. Ich kann dir aber nicht sagen, woher sie von dem Manuskript wußten, sie haben es mir nie erzählt und weichen der Frage bis heute aus. Kurz nach Weihnachten erhielt ich den Vertrag zur Prüfung, den ich im Januar 2016 unterschrieben habe. Im Juni 2016 kam das Buch auf den Markt. Aus Dankbarkeit für die Bemühungen habe ich den Axel als Co-Autor aufgenommen, er hat aber keine Zeile geschrieben und erhebt auch keine Ansprüche.
So bin ich zum Buch und zum Verlag gekommen.
Heute bin ich froh, ein Buch veröffentlicht zu haben. Ich durfte eine ganz neue Welt und viele interessante Menschen für mich entdecken. Es macht viel Spaß, sich mit Menschen auszutauschen, über das Buch zu diskutieren, über meine Erlebnisse zu sprechen. Bochumer Autoren durfte ich kennenlernen und plane mit ihnen gemeinsame Projekte. Die schlechten Erlebnisse in den Foren habe ich weggeschlossen und habe mir den Spaß erhalten.
So liegt jetzt die Fortsetzung beim Verlag zur Entscheidung. Meine Frau ist ganz begeistert und findet es sogar besser (soll ich das glauben?). Und ich habe ein drittes Buch angefangen. Es wird aber kein Laumann werden, da ich kein Fan von Serien bin. Solange meine Frau Spaß an meinen Geschichten hat, werde ich wohl weiterschreiben. Wenn sie mir ein Manuskript mit der Bemerkung „Scheiße“ an den Kopf wirft, höre ich auf. Man kann daher durchaus sagen, dass ich noch immer für meine Frau schreibe. Wenn ich andere Leser ebenfalls begeistern kann, umso besser.
Vielen Dank für das Interview.
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Bekennender Coffee-Addict, leidenschaftliche Texterin und Chaos-Mutter par Excellence, Jahrgang 1984 – und nicht nur deswegen großer George Orwell-Fan: Das ist Alice Andres in Kürze. Sie lebt in München mit ihrem Mann und ihrer Tochter. Obwohl sie recht harmlos aussieht, geht es in ihren Geschichten meistens ziemlich blutig zu. In ihrem Erstlingsroman »Punk’s Undead« etwa mischte sie Bier, Musik und blutrünstige Monster. Dabei stellte sie fest: Anscheinend kann man einen Antagonisten gar nicht so abstoßend beschreiben, dass sich nicht doch Leserinnen in ihn verlieben. Go, Team Valentin!
Alice, wonach suchst du, wenn du in einer Buchhandlung bist?
Nach schönen, außergewöhnlichen Covern! Ich fühle mich magisch angezogen von schönen Covern. Da ich eigentlich durch die Bank nahezu alle Genres gerne lese, lasse ich mich in der Buchhandlung in erster Linie von der Gestaltung leiten. Wenn mich dann auch noch der Klappentext überzeugt, ist das Buch schon so gut wie „adoptiert“.
Wonach suchst du in deinen eigenen Texten?
Nach etwas, das ich in anderen Texten vermisse. In meine Texte „schleicht“ sich fast immer eine gewisse Gesellschaftskritik – mehr oder weniger subtil. Überraschung – für meine Leser und nicht selten auch für mich. Und Plausibilität. Die ist mir in meinen Texten ebenfalls wichtig. Handlungen und Ereignisse müssen möglichst logisch sein.
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Vielen Dank für das Interview!
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Das Schreiben begleitete Sybille Kolar schon ihr Leben lang.
In ihrer Jugend waren es Liebesgedichte, später eine Kurzgeschichte, mit der sie sich an einem Autorenwettbewerb beteiligte. Sie war unter den Gewinnern und wagte sich danach an ihren ersten Roman heran.
Warum Liebesromane? Sie bezeichnet sie als Lebensromane.
Es ist das gewöhnliche Leben mit all seinen Beziehungen, Höhen und Tiefen, Liebe und Verrat, Glück und Tod, Freundschaft und Rivalität, das sie so ungemein spannend findet. Sind es nicht auch genau die Themen, die jeden von uns im Alltag beschäftigen?
Sybille Kolar ist verheiratet und Mutter von fünf erwachsenen Kindern – drei leibliche und zwei Stiefkinder. Mit ihrem Mann und den beiden Hunden lebt sie in der Nähe von München.
Sybille, über was für Frauen schreibst du und warum?
Einige Frauen in meiner Romanreihe machen im Laufe der Bände eine persönliche Entwicklung durch. Sie springen in einen neuen Lebensabschnitt hinein, lassen ihre Vergangenheit in dem Moment hinter sich, reifen und wachsen an den Anforderungen, die dabei entstehen.
Warum ich über so etwas schreibe? Das ist wohl genau der Punkt, an dem sich meine Geschichten mit meiner eigenen Biografie kreuzen.
Im Jahr 2001 habe ich damit begonnen, einen Roman zu verfassen. Er handelt von einer Frau, die ihren Ehemann verlassen hat und sich in einer einsamen Gegend vor ihm versteckt hält. Dort zieht sie Bilanz über ihr Leben und beginnt irgendwann damit, in jeder Hinsicht für sich selbst zu sorgen.
Beim Schreiben ahnte ich nicht, dass ich dieses Buch je veröffentlichen würde. Und schon gar nicht, dass dies der erste Band einer inzwischen fünfteiligen Romanreihe war.
Aber vor allem wusste ich nicht, dass auch mir selbst ein Aufbruch bevorstand. Eine neue Lebensphase befand sich unmittelbar vor meiner Nase und es war – rückblickend betrachtet – fast so, als hätte ich sie herbeigeschrieben.
Weil ich während der darauffolgenden Zeit völlig andere Sorgen hatte, wanderte mein Manuskript – es verdiente seinen Namen zurecht, denn es war tatsächlich handgeschrieben! – in die berühmte Schreibtischschublade. Dort harrte es geduldig aus – sechs lange Jahre.
Als ich mich dann in meinem neuen Leben eingerichtet hatte, küsste ich meinen Roman aus seinem Dornröschenschlaf wach, übertrug ihn in den Computer und überarbeitete ihn.
Und erst dabei wurde mir bewusst, was das alles mit mir selbst zu tun hatte.
Anmerkung: Die Handlung meiner Romane spiegelt nicht mein persönliches
Erleben wider. Nur der Aufbruch und die Entwicklung, die ein solcher mit sich bringt, ist die gemeinsame Parallele. 🙂
Die perfekte Leserin -wer muss deine Geschichten auf jeden Fall lesen?
Die perfekte Leserin – ein Steckbrief.
Ich denke, sie ist mir in vielen Dingen ähnlich. Wohl, weil ich genau über das schreibe, was ich auch gerne lese.
Für sie ist ein gutes Buch ein Buch, das sie packt und gefangen nimmt – und dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Liebesroman, einen Krimi oder ein Sachbuch handelt.
Sie bevorzugt eine gewählte Ausdrucksweise und verliert sich gerne in den Bildern, die ich in meinen Geschichten entstehen lasse.
Der Glaube an die große Liebe ist ihr zweiter Vorname und selbstverständlich hat sie immer Happy End gebucht – auch gerne im echten Leben.
Sie taucht am liebsten mit allen Sinnen in einen Roman ein und braucht es, an dessen Ende seufzend – oder zumindest mit einem guten Gefühl – zurückzubleiben.
Für die Leserin, auf die diese Beschreibung passt, ist meine Romanreihe genau das Richtige! 🙂
Vielen Dank für das Interview.
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PS: Möchtest du an der Interview-Reihe „Zwei Fragezeichen“ teilnehmen?
Ich freue mich, bei Deiner Aktion „2 Fragezeichen“ mit zu machen. Ich hoffe sehr, dass bei meinen Antworten etwas lesenswertes für Deine Leser herauskommt 🙂
Ich mag es nicht, von mir selbst in der dritten Person zu schreiben, deswegen bleibe ich erstpersonal in meinen Worten an euch und über mich. (Mit der Majestätsanrede lasse ich mich von anderen allerdings sehr gerne ansprechen.)
„Schreibender Depressionsexorzismus mit wortkreativen Tendenzen zur Schaurigkeitsverklärung“
So steht es in der kurzen Selbstbeschreibung, die ich meinem Blog von mir gebe. Da ich dies treffend finde, bleibe ich dabei. Aber natürlich gibt es noch mehr und von diesem „mehr“ will ich ein wenig preisgeben:
Jo Wolf ist ein Pseudonym, mit dem ich ausdrücke, zugleich verstecke ich mich dahinter. Die versteckte(n) Person(en) soll(en) im diffusen Hintergrund bleiben. Der Unwichtigkeit wegen. Wichtiger soll sein, was an Worten herauskommt. Aus diesem Grund gebe ich auch kein Foto von mir preis. Ich bin mir aber sicher, dass es dennoch hervorragend möglich ist, sich ein Bild von mir zu machen.
Geboren wurde ich im flachen Münsterland. Ich bin ein Kind des Geistes der 70er und 80er Jahre. Dennoch wurde ich zwischenzeitlich zum Schattengeist. In Auszügen ist dies nachzulesen in meinen niedergeschriebenen Alpträumen aus den düsteren Mooren. Dort gibt es auch mehr Aufschluss bezüglich meiner Personalie:
„Ich bin nicht Nichts, ich bin nicht Niemand. Ich bin Jo, das Kind der Wölfe, bin das Heulen in dem tiefen Wald. Ich bin Stimme, ich bin Sprache, bin den Taten folgende Erinnerung. Ich bin das was über bleibt, wenn dein Schemen längst vergangen und durch mein Schweigen ungewesen ist. Ich bin Mimik, ich bin Gestik, bin die Welt, die sich in Büchern findet und aller Wesenheiten Spiegelbild.“
Das mag etwas dick aufgetragen, sogar pathetisch erscheinen und gleichzeitig verklausuliert. Dennoch ist es das beste und vielleicht passendste, was ich über mich zu sagen habe.
Meine ersten unvollendeten Werke schrieb ich mit 10, ihre Titel lauteten „Xanthos, der rote Rächer“ und „Lisbeth, die lispelnde Lyrette“.
Meine ersten depressiven Episoden hatte ich wohl auch in jenem Alter, was zu der Zeit weder mir noch anderen auffiel.
Zu den üblichen Rahmendaten einer Vita, das halte ich mal kurz, ich finde so etwas nicht so spannend: Schulabschlüsse habe ich. Verschiedene Berufsausbildungen aus den Bereichen Pädagogik und Handel hab ich auch. In den Menschenhandel bin ich trotzdem nicht eingestiegen. Die dortigen Sitten halte ich doch für recht ungebührlich. Verboten zudem. Und das Arbeitsamt wollte mich (wohl aus dem vorgenannten Grund) bei der Jobsuche in dieser Branche nicht unterstützen. Ach seien wir ehrlich, rausgeworfen haben sie mich dort, als ich danach fragte.
Studieren bin ich nicht gegangen. Ich hatte es vor, leider stellte sich heraus, dass die Leute in den Hochschulen schon vorher wissen wollen, was ich zu studieren gedenke. Das war mir zu doof, meine Geisteskraft und Neugier lässt sich nicht von solchen Bestimmungsfetischen begrenzen. Vielleicht kanalisieren, aber das nehme ich dann selber in die Hand, genau wie die Sache mit den Fetischen.
Gearbeitet habe ich aber in allen möglichen Bereichen, sei es in der Pflege, in der Müllbranche, bin Lehrtätigkeiten nachgegangen und den Freuden der Fotoreportage. Großhandel, Werbebranche und Lagerarbeit hab ich gemacht und natürlich als Kind Zeitungen ausgetragen. Was fehlt? Richtig, Audiotranskription und Fließbandarbeit. Auf Messen habe ich mich viel herumgetrieben, also ausstellenderweise. Mehr fällt mir gerade nicht ein.
Was noch? Achja: Verheiratet mit meinem Lieblingsmenschen, keine eigenen Kinder, resultierend aus meiner beruflichen Tätigkeit in der sozialpädagogischen Branche: Ich wollte mir nur ungern auch noch Arbeit mit nach Hause nehmen. Stattdessen habe ich aber einige Taufpatenkinder. Diese müssen die Sache mit der Kinderlosigkeit ausbaden. Das wird sie für die harten Realitäten des Lebens stark machen. Last but not least: Hunde habe ich auch und werde immer welche haben.
Dieser Tage und schon vieler zuvor lebe ich im Ruhrgebiet, am Rande der A45, nur leicht nördlich der A44 und knapp südlich der A40 gelegen. Ich fahre gerne Auto, aber offen gestanden lieber woanders. Hier ist der Verkehr zu dicht. Die vielen Autobahnanschlüsse dienen mir dazu, schnell woanders hin zu entfleuchen.
Sooo, aber jetzt komme ich mal zu den Fragen, die mir Carolin freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Ich versuche sie unbeschadet und ohne Eselsohr zurück zu geben:
Macht es einen Unterschied ob du tagsüber oder nachts schreibst?
(Das impliziert, dass du du tagsüber und nachts schreibst, ich weiß. Tust du das überhaupt?)
Ja, ich schreibe tagsüber und auch nachts. Unterschiede gibt es da auf jeden Fall. Tagsüber schreibe ich oft leichtere Geschichten, Berichte, Gedichte oder Satiren. Insgesamt kommen dafür aber mehr Worte zusammen. Oder zumindest mehr verschiedenes. Dafür sind die einzelnen Texte kürzer. Nach meinen sehr schwierigen Wachwerdephase am Morgen habe ich meist im Tagesverlauf mehr Elan, um einfach zackig drauflos zu schreiben. Andererseits werde ich da immer wieder von nervigen Alltäglichkeiten unterbrochen. Darauf kann ich aufs äußerste fuchtig reagieren, was zwar bisweilen den Störungsherd beseitigt, abgelenkt bin ich dann aber trotzdem und muss mich neu herein finden. Da ich Konzentrationsprobleme habe, ist das ein Problem.
Nachts schreibe ich anders. Zum einen seltener, vielleicht auch weniger. Mir fehlt da oft die Energie, weil ich vollkommen erschöpft bin, aber trotzdem nicht schlafen kann. Was ich aber kann, wenn die Stimmung stimmt: mich in einen Rausch schreiben. Das geht zwar auch tagsüber, nachts aber besser. Dann kriege ich nichts mehr von meiner Umgebung mit. Selbst die Schreibmusik dient dann höchstens noch als Aufwärmer zu Beginn. Nach ein paar Minuten höre ich ich sie nicht mehr, nehme auch nicht wahr, wenn das Album zu Ende gespielt wurde. Ich wundere mich dann einige Stunden später, wieso keine Musik mehr läuft. (Da ich schon an anderer Stelle danach gefragt wurde: Die Musikauswahl beim Schreiben treffe ich spontan, möglichst passend zu meinem Schreibvorhaben. Gibt es da keinen klaren Favoriten, lasse ich Grace Potter and the Nocturnals laufen. Das ist seit langem meine Schreibmusik.)
Nacht sind meine Texte im Großen und Ganzen düsterer. Das ist meiner Stimmung geschuldet, aber natürlich auch der Atmosphäre der Nacht selbst. Von meinem Schreibtisch aus kann ich direkt vor meiner Nase aus dem Fenster sehen. In der Ferne leuchten ein paar Laternen und gelegentlich gleiten die Scheinwerferlichter von Autos vorbei. Wenn es richtig gut läuft, steht der Mond tief und ist gut sichtbar. An Freudentagen sogar voll. Schön ist es auch, wenn die Wolken dramatische Formationen bilden und schnell einher schweben. Dann tun sich meist Abgründe auf. Auch auf dem Papier unter meinen Händen.
Gelingt es dir, mit Wörtern die Depressions-Dämonen in Schach zu halten – oder ist dein Blog eher ein Tagebuch; ein Betrachten der Dämonen?
Als Tagebuch sehe ich mein Blog nicht. Das Betrachten der Dämonen kann aber ein Teil sein. Es ist aber eher so, dass ich sie sprechen lasse. Schwer zu sagen, ob ich die Dämonen in Schach halte. Ich verleihe ihnen Ausdruck, das auf jeden Fall. Ich drücke mich aus, kehre mein Inneres zu äußerst. Zumindest versuche ich das und will das noch besser schaffen. Das ist ein Antrieb für mich. Das Schreiben düsterer Texte, die Kanalisierung dunkler Gedanken und mehr noch solcher Empfindungen betreibe ich zwar schon länger, in der Intensität und Menge ist es aber auch noch neu für mich. Es werden aber weitere Texte in der Richtung entstehen, ich spüre den starken Drang danach und gebe auch an dieser Stelle schon im Voraus eine Triggerwarnung für vorgeschädigte und zart beseelte Gemüter.
Ich blogge erst seit einigen Wochen, deswegen bin ich vorsichtig mit solchen Aussagen, aber bisher erlebe ich diese Form der Selbstmitteilung und des Austausches als sehr hilfreich für mich. Es motiviert mich, mehr zu schreiben und das Schreiben ist ein ausgezeichnetes Werkzeug. Es gibt mir Kontrolle und Macht über mich zurück, die ich oftmals an Dämonen verloren habe. Auch jetzt noch. Das ist ein stetiger Prozess, vermutlich ein Kampf ohne endgültigen Sieger. Aber ich liege wieder in Führung und halte gefühlt mehr Strippen denn je in der Hand. Sei es durch mehr Auseinandersetzung mit mir selbst oder auch durch die Kommunikation mit anderen Bloggern.
Ganz sicher auch durch die Ausdrucksform des Geschichtenerzählens. Das habe ich immer gemacht, nein eigentlich gelebt. Viel mehr als das ich aufgeschrieben habe, war ich lebenslang Geschichtenerzähler. Von Mund zu Ohr und Auge in Auge. Ob am Lagerfeuer oder in einer Wirtschaft, zu Hause oder beim Essen anlässlich literarischer Dinnerveranstaltungen. Die habe ich immer gerne gehalten. Weil es intim ist, weil die Menschen Ruhe mitbringen. Sie sind entspannter und lassen sich ein. Und ich gehe darin auf. (Oder ging darin auf, als ich mich das noch angstfrei getraut habe. Ich möchte das bald im kleinen, privaten Rahmen wieder versuchen.)
Die Antwort auf Deine Frage lautet also wohl am ehesten: Ja, ich halte die Depressions-Dämonen ein wenig in Schach durch das Schreiben und bloggen. Ich lerne aber auch, einige meiner Dämonen anzunehmen. Sie gehören zu mir.
Vielen lieben Dank für Deine Fragen, ich habe sie Dir gern beantwortet. An mancher Stelle war das nicht so einfach, weil ich mir selbst beide Fragen bisher so weder gestellt, noch beantwortet hatte.
Birgit Kluger begann mit dem Schreiben von Romanen bereits vor zwei Jahrzehnten, fand aber erst in den letzten beiden Jahren die Zeit, sich ernsthaft dieser Leidenschaft zu widmen. Die Weltenbummlerin hat schon auf Mallorca, in den USA und den Seychellen gelebt und wohnt jetzt im Süden Deutschlands.
Wenn Sie mehr über die Autorin erfahren möchten, können Sie sie auf Facebook finden. Hier gibt es Neuigkeiten zu ihren Büchern.
Birgit, glaubst du an Liebe auf den ersten Blick oder gibt es das nur in Büchern?
Ich muss zugeben, dass ich selbst nie die Liebe auf den ersten Blick erlebt habe. Eher so etwas, wie Interesse oder Anziehungskraft auf den ersten Blick 🙂 Ich bin aber der Meinung, dass gerade in Sachen Liebe so vieles möglich ist, warum also nicht auch die Liebe auf den ersten Blick? Man begegnet so oft Menschen, mit denen man sich auf Anhieb versteht, mit denen man sich sofort gut unterhalten kann, dass ich mir sicher bin, man kann sich auch auf den ersten Blick verlieben. Deshalb, ja, ich glaube daran!
Eine Bestandsaufnahme: Wie die Liebe ist und wie sie sein sollte – in welche Kategorie gehören deine Bücher?
Das ist eine schwierige Frage, denn ich glaube nicht, dass Liebe sich so einfach in Kategorien einteilen lässt. Wie sie sein sollte ist ein Ideal, das sicherlich nicht immer erreichbar ist und für jeden wohl anders aussieht. Wenn ich meine Bücher einteilen müsste, würden sie trotzdem in diese Kategorie fallen. Für mich persönlich sollte Liebe ein wundervolles Gefühl sein, das mein Leben bereichert, mein Herz zum Tanzen bringt und die Schmetterlinge im Bauch zum Flattern. All das versuche ich in meinen Romanen zum Ausdruck zu bringen. Ich möchte meine Leser entführen, ihnen diese Gefühle wieder näherbringen, genauso wie die Hoffnung, dass wahre Liebe möglich ist.
Gebürtiger und bekennender Schwabe. Passionierter Leser und Schreiberling. War nach dem Studium mehr als zwanzig Jahre in einem Medienrecherche-Unternehmen tätig. Hat nach seinem Ausscheiden seine Passion zum Beruf gemacht: Er ist seither freier Lektor und freier Autor. Wurde u. a. zweimal für den Agatha-Christie-Krimipreis nominiert. Arbeitet hin und wieder in einem Coworking-Büro im Film-und Medienzentrum Ludwigsburg, aber meistens im Home-Office, also »dohoim« in Waiblingen im Remstal, wo er mit seiner Frau seit vielen Jahren wohnt.
Wenn es nur um meine beiden Alter Egos (meine Pseudonyme Snorri Grimsson und J. S. Frank) und um mich ginge, würde ich sagen: Hm, momentan drei mit aufsteigender Tendenz. Da ich aber eine Schwäche für Ich-Erzählungen habe, fällt mir die Antwort nicht ganz so leicht.
Als Autor, der seine Ich-Erzähler ernst nimmt – egal, wie schräg, verrückt, blasiert, arrogant oder fies sie auch sein mögen –, schlüpft man ja gewissermaßen in ihre Haut (oder vice versa – sie schlüpfen in deine Haut …), und ehe man sich’s versieht, denkt man wie sie, redet wie sie, erzählt wie sie, teilt ihre Vorlieben und Abneigungen, lacht mit ihnen, hasst oder grämt sich mit ihnen, ist launisch, traurig, zu Tode betrübt, die ganze Welt umarmend. (Schauspieler, die sich eine neue Rolle aneignen, berichten hin und wieder auch von ähnlichen Phänomenen.)
Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen – ich fürchte, viele Seelen schlummern in mir und etliche kenne ich noch gar nicht …
Was erzählen die (dem Leser) – was sind deine Themen?
Meine Ich-Erzähler schöpfen aus dem Ganzen: Freud, Leid; Lust, Frust.
Meine Alter Egos Snorri Grimsson und J. S. Frank haben sich dagegen schon auf gewisse unterschiedliche Genres geeinigt. Snorri ist der Verrücktere der beiden. In seiner Anfangszeit beschäftigte er sich schriftstellerisch hauptsächlich mit einer mysteriösen Firma, in der Vertriebsmitarbeiter geschlachtet werden und Aliens arglose Aga-Kröten melken, um an ihre halluzinogen wirkenden Hautdrüsensekrete zu kommen. Snorri kann in der Zwischenzeit aber durchaus auch mal einen Werwolf-Krimi oder eine Western-Rache-Story raushauen.
J. S. dagegen ist eindeutig der Ernsthaftere! Er hat sich mit seiner »SMASH99«-Romanreihe dem wenig optimistischen Dystopie-Genre verschrieben und hier vor allem der Schilderung einer Gesellschaft, die durch tägliche Terroranschläge zermürbt wird und ihr Heil in einer immer autoritärer werdenden Staatsform und in omnipräsenten Sicherheitskräften sieht.
Tja, und der gute alte Joachim spielt gerne überall mit. Macht mal auf Drama, mal auf Satire – ja, und er scheut auch nicht vor leicht verrückten Liebesgeschichten oder literarischen Experimenten zurück.
Und warum passt das nicht alles unter einen Namen?
Rein theoretisch – und auch praktisch – würde das alles unter einen Namen passen. (Zumal die Grenzen zwischen Snorri, J. S. und mir fließend sind. Es gibt Texte, die alle drei geschrieben haben könnten – und Texte, da würden zwei von ihnen schulterzuckend abwinken oder sich naserümpfend abwenden.)
Was die Schreibarbeit und den Schreibprozess allerdings angeht, sehe ich schon gewisse Vorzüge darin, dass in meiner Nähe stets zwei Typen rumhängen, die man, wenn man mal Probleme mit einem Stoff oder Thema hat, auf die Schnelle anhauen kann – so in der Art von: »He, Snorri, ich hab da so eine Idee: Einhorn-Vampire im Weltraum. Wär das was für dich?« Oder: »J. S., was hältst du von dieser Story: Ehrgeiziger Heerführer plant gemeinsam mit seiner Frau die Ermordung seines Königs, um anschließend selbst zum König gekrönt zu werden. Spielt irgendwo im hohen Norden.«
Vielleicht gesellen sich im Laufe der Zeit ja noch ein paar weitere derartige Alter-Egos dazu. Tja, warum eigentlich nicht?!