Ein ganz wunderbarer Film.
Du hast jetzt zwei Möglichkeiten. Nr. 1: Meine Aussage reicht und du gehst los um dir den Film anzusehen. Nr. 2: Du liest erst meine Begründung und gehst dann los um dir den Film anzusehen.
Ah, Nr. 2 also. Hallo, du!
Vielleicht geht es dir wie mir: Die Gesamtsituation ist anstrengend und Abends, wenn der Tag hinter dir liegt, willst du noch was Nettes gucken. Weltflucht nennt man das und es klingt ein bisschen so, als wäre das was Schlechtes. Ich finde das nicht, aber das tut hier nichts zur Sache. Jedenfalls. Du willst kein Mord und Totschlag sehen, du willst dir nicht anschauen, wie Leute gemein zueinander sind, du brauchst nicht die Garstigkeit der Welt in Filmformat. Ich habe dieses Bedürfnis nach Weltflucht oft. Wenn mich etwas richtig runter ziehen soll, guck ich Nachrichten.
Vielleicht kennst du die Kindersendung „Mister Rogers Neighborhood“, vielleicht auch nicht. Das ist ziemlich egal. Du musst nur eins wissen. Das war eine Show, eigentlich für Kinder, aber genausogut geeignet für Erwachsene. (Ähnlich wie „Die Sendung mit der Maus“, wenn du einen Vergleich brauchst, um das einzuordnen) Fred Rogers sprach zum Beispiel viel über Gefühle. Man kann das kurz und knackig zusammen fassen: Wenn du in der Lage bist, über etwas zu reden, bist du auch in der Lage damit fertig zu werden. Nun gibt es also diesen Film, der so aussieht, als ginge es um Mr. Rogers. Ja und Nein. Er war ein sehr freundlicher Mann, der gut zuhören konnte und sich Zeit nahm, für seine Mitmenschen. Ich finde, man kann sich unheimlich viel von ihm abschauen. Im Film wird angedeutet, dass er ein klitzekleines Problem mit Wut hatte und jeden Tag daran arbeitete, das im Griff zu behalten. Aber wie gesagt, eigentlich geht es gar nicht um ihn.
Ein zynischer Reporter, Lloyd Vogel, soll einen Artikel über Fred Rogers schreiben und ganz schnell geht es eben nicht um den freundlichen Nachbarn von Nebenan, sondern um Lloyd, der hinter der Freundlichkeit etwas wittert. Etwas Schlechtes. Eine Maskerade, die er auseinander nehmen will. Letztlich bröckelt seine eigene Fassade, das kann ich spoilerfrei sagen. Er hat eine beschissene Beziehung zu seinem Vater, kann ihm nicht verzeihen, gleichzeitig ist er aber gerade selber Vater geworden und hadert mit sich und der Welt. Weil er selber eine Maske trägt und nebenbei seine Wut offen zur Schau stellt, meint er, alle anderen machen es genauso. Mr. Rogers tut, was er immer tut. Zuhören. Da und dort eine gute Frage stellen.
Das ist ein Wohlfühlfilm, der entschleunigt. Zwei Stunden Nettigkeit. Und ich meine das in der besten Form und nicht Nett als kleine Schwester von Scheiße. Manchmal braucht man genau das. Freundlichkeit, Zeit, ein offenes Ohr.
Meine herzliche Empfehlung. Los, guck dir das an.
Ein Kommentar zu „Der wunderbare Mr. Rogers“