Meine Meinung:
Eine Geschichte über das Vergehen von Zeit. Nicht die Figuren sind die Hauptprotagonisten dieser Geschichte, sondern das Dorf selbst: Brinkebüll. Ich mag die Art, wie Dorte Hansen erzählt. Und ich mag die Art wie Hannelore Hoger liest. Sie klingt dabei wie ein betrunkener Matrose, der mir in einer verratzten Dorfkneipe eine Geschichte erzählt. Sie brummelt und nuschelt, sie schnackt, es ist ein Fest. Ich habe mich auf dem Sofa in eine Decke gewickelt, das Licht ausgemacht und bin eingetaucht in diese Stimme, in dieses Dorf. Verschwunden, quasi in der Mittagsstunde. Seit vielen Jahren schon mag ich Geschichten wie diese: Ein ganzes Leben. Im Dorfgeschehen ist es nur ein kleiner Ausschnitt. Aber für mich als Zuhörerin, meine ich Großvater Sönke wirklich zu kennen, von der Wiege bis zu seinem Tod. Dorte Hansen legt die Geschichte zusammen, wie ein Puzzle, vom Rand nach innen. Ich verstehe irgendwann die Zusammenhänge, erkenne die Lebenslügen. Da sie aber alle Figuren gleichwertig beschreibt, mit Kanten, Ecken und schwarzen Flecken, ganz ohne zu urteilen und mir aufzudrängen „Dieser ist ein Guter, jene eine böse Frau“, kann ich alle gleich mögen. Jedem auf Socken nachschleichen. Hier steckt so viel Charakter drin, so viel Menschlichkeit, man wird ja fast zum Philanthrop.
- Autorin: Dörte Hansen
- Sprecher: Hannelore Hoger
- Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
- Verlag: Penguin Verlag
- ISBN-10: 3328600035
- ISBN-13: 978-3328600039
Klappentext:
Was bleibt von uns, wenn alles, was wir kannten, untergeht?
Die Wolken hängen schwer über der Geest, als Ingwer Feddersen, 47, in sein Heimatdorf zurückkehrt. Er hat hier noch etwas gutzumachen. Großmutter Ella ist dabei, ihren Verstand zu verlieren, Großvater Sönke hält in seinem alten Dorfkrug stur die Stellung. Er hat die besten Zeiten hinter sich, genau wie das ganze Dorf. Wann hat dieser Niedergang begonnen? In den 1970ern, als nach der Flurbereinigung erst die Hecken und dann die Vögel verschwanden? Als die großen Höfe wuchsen und die kleinen starben? Als Ingwer zum Studium nach Kiel ging und den Alten mit dem Gasthof sitzen ließ? Mit großer Wärme erzählt Dörte Hansen vom Verschwinden einer bäuerlichen Welt, von Verlust, Abschied und von einem Neubeginn.