#Throwbackthursday
Wenn sich circa dreißig erwachsene Menschen in sehr knappen, aber gepolsterten Hosen, hautengen Trikots und Sonnencreme auf der Nase, treffen, dann nennt man so ein Ereignis „Radtreff“. Ich bin, konditionstechnisch, in der Gruppe von Jürgen und Regina gelandet, einem verheiratetem Paar, das schon zweiundzwanzig Jahre auf dem Buckel hat. Ehetechnisch. Wenn man die Ehe mit einer lebenslänglichen Haftstrafe vergleicht, wären beide inzwischen wegen guter Führung entlassen worden.
Er radelt, richtungsweisend, ganz vorne, während sie die Nachhut bildet und so verhindert, dass keiner verloren geht, unterwegs. Falls doch einer schwächelt oder Jürgen ein zu strammes Tempo vorgibt, brüllt sie von hinten:
„Wenn ich ein Mal klingle, fährst du langsamer!“
Er antwortet dann, eloquent wie es nur Männer können:
„Wenn ich zwei Mal klingle, leckst du mich am Arsch“.
Verheiratet zu sein, muss echt toll sein.
Der Rest der Gruppe strampelt, meist schweigend, zwischen den Parteien. Je nachdem, ob die Route ansteigt, oder abfällt, rückt ein Ehegesponst näher an uns heran. Das sieht für Außenstehende dann so aus, als würde sich ein Schäferhund unter seine Herde mischen um einen Plausch abzuhalten. Die Autofahrer hupen uns immer begeistert an, wenn drei Radler nebeneinander herfahren um einer Jürgen-Regina-Geschichte zu lauschen.
Ein Beispiel. Jürgen beschwert sich in Hanglage darüber, dass er kein Nudelsieb beim Kochen benutzen darf. Regina meint, dass müsse nach Gebrauch gespült werden und sei grundsätzlich unnütz. Ein richtiger Mann kann Nudelwasser abgießen ohne Hilfsmittel, sagt Regina. Diese Definition eines richtigen Mannes kannte ich bisher noch nicht, und schlage ihm vor, einen Tennisschläger zu benutzen. Unterstreicht sicher seine Männlichkeit. Hat bei Steffi Graf auch funktioniert.
Man stelle sich die zwei Mal diskutierend im Bett vor. Hui.
Bergab erfahre ich dann von Regina, dass Jürgen beim Crêpes backen zuerst den Schinken und dann den Käse auf den Teig wirft. Sakrileg! Sie meint, jeder Vollidiot würde wissen, dass man das anders herum macht. Auf meinen Einwand (und ja, ich bin ein Klugscheißer!), dass mit Jürgens Methode aber der Schinken nicht trocken werden würde, schaut mich Regina so böse an, dass ich beinahe tot vom Rad falle. War aber nur ein Schachtdeckel, nicht ihre Gedankenmacht.
Neulich sind wir dann noch eingekehrt, nach getanem Sport. Was hat man denn von so einer Leistung, wenn man nicht irgendwo schwitzend und stinkend protzen kann: Seht her, wie Vital ich bin.
Sie legte mir drei eiskalte Finger auf den Oberarm, verschwörerisch, irgendwo zwischen Garderobe und Damentoilette und flüsterte „Das nächste Mal fahr ich nur mit dir alleine“. Mein Schinken-Kommentar muss sie schwer beeindruckt haben.
Er fummelte zum Schluss an seinem Fahrradschloss und sah beschäftigt aus, drehte sich umständlich nach den anderen um, damit ja keiner mitkriegt, dass er zu mir genau dasselbe sagt. Nächstes Mal, nur wir zwei.
Ich fahre inzwischen dienstags mit Jürgen und donnerstags mit Regina. Meine Kondition ist supi, sie sparen sich die Eheberatung und falls du dir Sorgen machst, dass mir mal die Beziehungsgeschichten ausgehen; Niemals! Nicht bei der Quelle.
© Text: Carolin Hafen