Ich und Earl und das Mädchen, 2015
Der Titel ist etwas sperrig, und ich weiß nicht genau, warum dem deutschen Titel ein Wort fehlt. Ein entscheidendes Wort. Der Originaltitel lautet „Me and Earl and the Dying Girl“. Sie stirbt also. Bevor du jetzt maulst „Boah, schon wieder so ein Krebs-Film“, möchte ich sagen: Momentchen, bitte.
Ja, ich habe „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ gelesen und gesehen. Vielleicht habe ich auch in meinem stillen Kämmerlein ein bisschen (viel) geheult. Das würde ich in der Öffentlichkeit aber nicht zugeben. Ich bin nicht nah am Wasser gebaut. Ich lebe nah an der Wut, aber das ist ein anderes Thema. Wir sind uns hoffentlich einig, dass „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ ein ganz tolles, intensives, kluges Buch ist, und das die Verfilmung überraschend gut gelungen ist. Du weißt, wir haben beide schon schlimme Verfilmungen gesehen, da will ich jetzt aber nicht drüber reden.
Es ist also wieder so ein Krebs-Film. Ja. Aber. Pass uff, jetzt kommt das große Aber. Das Thema, du weißt schon, die Message (Scheiß Neudeutsch) ist so universell, so groß und umfassend, das kann man sich auch öfter anschauen. Gern auch in neuem Kleid.
Ich mag es, wenn die Details stimmen. Und hier stimmen die Details. Greg will die Schule einfach nur überleben. Er lässt sich auf niemanden ein, lässt niemanden wirklich an sich heran kommen. Er mag sich nicht, er traut dem Urteil der anderen nicht, er ist also ein typischer Teenager, mit viel Selbsthass, Unsicherheit und keinem Plan. Was will er jetzt? Was will er in der Zukunft? Will er überhaupt irgendwas? Und was soll das überhaupt, dieser ganze Zirkus? Ich mag Greg, und ich hätte ihn mit 15 gemocht, er hat einen tollen Sinn für Humor.
Greg und sein bester Freund Earl machen Filme zusammen. Ach, Momentchen. Sie sind beste Freunde, aber Greg sagt dieses Wort nicht. Er sagt „Kollege“. Auch das verstehe ich sehr gut. Ich sage auch oft „Kollege“, wenn ich eigentlich etwas anders meine, und das richtige Wort nicht richtig finde. Kompliziert? Nein. Der Kollege Earl hat für all das Verständnis, irgendwie. Sie machen also ihre Filme, Parodien berühmter, alter, gewalttätiger Klassiker, das ist sehr witzig. Die Titel, ach… guck es dir einfach an.
Aber dann wird es kompliziert. Richtig KOM-PLI-ZIERT. Rachel, ein Mädchen aus seiner Klasse steht eines Tages da: Diagnose Krebs. Das geht Greg eigentlich gar nichts an, sie sind ja nicht befreundet. Greg ist mit niemandem befreundet, Greg überlebt einfach nur, Tag für Tag. Nun zwingt ihn seine Mutter rüber zu gehen, zur Rachel. Und sie nehmen sich auch fest vor, sich nicht anzufreunden. Klappt natürlich nicht. Wenn du jemanden, per Entscheidung nicht mögen willst, klappt das nie. Ich weiß das. Greg noch nicht.
Und so nimmt das seinen Lauf – ihr Überlebenskampf gegen den Krebs, sein Kampf im Alltag, mit sich und allem.
Dir ist ganz klar, was für einen Film du hier bekommst. Ich brauch da gar nicht mehr viel zu erklären. Ausser: Guck ihn dir an, es ist schön. Greg bekommt durch Rachel ein „Hier & jetzt“, und er bekommt von ihr eine Zukunft. Weil das noch nicht reicht, erfährt er etwas über sie, dass er noch nicht wusste – und sowas ist immer ein großer Trost. Das mit den Eichhörnchen ist so ein Detail… ach, guck es dir einfach an.