Wenn ein Buch mit den Worten beginnt „Schinkennudeln waren immer mein Lieblingsessen, aber einmal habe ich davon gekotzt.“, dann weiß man eigentlich schon, dass der Rest großartig wird. „Die Modernisierung meiner Mutter“ ist eine Kurzgeschichtensammlung. Das Ganze hat wenig mit „Auerhaus“ zu tun, kann man aber genauso gut lesen. Mindestens. Ich mag diesen leichten, natürlichen Erzählstil. Da wird mir nichts aufgezwungen, ich schlendere ganz gemütlich durch das Universum des Ich-Erzählers.
Das gefällt mir besonders gut: Ich plumpse nicht in eine Geschichte hinein, und muss mich fünf Seiten später neu orientieren. Kurzgeschichten, wie Fotos aneinander gereiht. Eigentlich nicht zusammen gehörend und doch am Schluss: Ein Leben.
Ganz erstaunlich. Jede Seite ist ein kleiner Mikrokosmos, die Geschichten wechseln im Tempo, in der Länge, manche sind nur drei Zeilen lang. Es kommt mir vor, als hätte ich an einem gemütlichen Sonntagnachmittag das Familienalbum eines guten Freundes angeschaut. Alles ist ganz vertraut, und doch entdeckt man überall noch etwas und noch etwas.
There is Waldo!
Keller aufräumen. Das heißt: endgültig sesshaft werden
Der Ich-Erzähler berichtet davon, wie er von Schinkennudeln kotzen musste, wie es kam, dass im Dorf eine Druckkopfampel aufgestellt wurde, wie aus dem Bomben-Klaus ein Kopfschuß-Klaus wurde, oder wie seine Mutter den Führerschein machte. Ich habe ein paar mal herzlich gelacht und mich wieder erkannt: Die Erforschung des Paternosters wäre mir auch ein dringendes Bedürfnis. Bov Bjerg zu lesen ist so einfach wie einen Bildband anzuschauen. Und diese Leichtigkeit haben nicht viele deutschsprachige Autoren. Ich hätte gern mehr davon.
- Bov Bjerg
- Aufbau Verlag
- ISBN 978-3-351-05033-7
- 16€
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