Ich war im Kino

Ich war gestern im Kino um mir den neuen Bond-Film anzuschauen. Ich hatte auch eine Begleitung dabei, aber ich will keine Namen nennen, weil dieser Bericht auf Tatsachen, Fakten und der harten Realität beruht. Also. Uli hat eine winzige, winzige, minimale Konfirmandenblase. Es ist schlimm. Dabei hat sie sich nicht mal was zu trinken gekauft. Ich habe andere gesehen, mit 1,5 Litern Cola. Der Film dauert 148 Minuten. Meine Milchmädchenrechnung ergibt: 5 Pinkelpausen, mindestens. Und ich sollte Recht behalten.

Kaum saß ich auf meinen Platz fiel mir schlagartig ein, warum ich so selten und ungern ins Kino gehe. Da hat es Menschen. Menschen, die reden und riechen und komische Geräusche von sich geben.

Normalerweise rege ich mich im Kino darüber auf, dass ich vor dem Film eine halbe Stunde Werbung gucken muss, dabei habe ich teures Geld bezahlt um den Film zu sehen, und von den 200 Produktplatzierungen fange ich jetzt gar nicht an. Das ist halt so. Gestern musste ich nicht strunzdumme Werbung gucken, stattdessen 8 bunte Minuten lang den Happy-Song und Minions, die durch die Gegend fliegen. Ich fragte mich kurz, ob so ein Drogentrip aussieht – ich kenn mich da ja nicht aus.

Der Film fing an. Das Thema bohrte sich in meine Gehirnwindungen. Wieder mal dachte ich, das ist evulotionstechnisch blöd gelöst. Wenn ich was nicht sehen will, mach ich die Augen zu. Ich kann aber nicht weg hören – Ohropax im Kino sind mehr so semi-optimal. Und wenn ich was nicht riechen will… selbes Problem. Ich roch die Nachos hinter mir, die lautstark geknuspert wurden. Lauter als der Film, ich bin kurz beeindruckt.

James Bond kloppt Mexiko kaputt. Uli rennt derweil aufs Klo.

Hinter mir machte sich eine Frau ebenfalls auf den Weg zu den Toiletten. Ich sah und hörte mich um. Der ganze Saal flüsterte und wisperte, als wäre er ein großes, dunkles Monster. Okay, dachte ich, die beruhigen sich schon noch. Die Frau in der Reihe hinter mir, kam zurück, ging hastig und gebückt um niemanden in den hinteren Reihen den Blick auf den Bond zu verwehren. Sie stößt mit dem Fuß einen Eimer Popkorn, der auf dem Boden stand, um. „Ich war´s nicht!“, brüllte sie und hastete weiter. Hat ja niemand gesehen. Doch der Eimer klang groß, die Sauerei auf dem Boden raschelte bis zu meinen Schuhen, cool, denke ich, Kostenloses Popcorn. Ich kaufe selten welches, für das Geld, das ein Eimer Popcorn kostet, bekommt man ja inzwischen einen Kleinwagen. Als ich das letzte Mal im Kino war, habe ich 0,5 Liter Mineralwasser für 4,5€ erworben. Ich könnte jetzt erwähnen, dass ich Schwabe bin, Geld dunkel mag, und ich für 4,5€ einen Kasten Wasser bekomme. Das schmeckt dann auch nicht wie die eingeschlafenen Füße von Schlaubischlumpf. Aber das setze ich jetzt einfach mal als Info voraus.

James Bond zerstört Österreich. Uli rennt derweil aufs Klo.

Die Jungs neben mir hatten gestern wohl Freigang, sie sind ohne Frauen da, und daheim kommen sie wohl nicht viel zu Wort, was sie jetzt nachholen müssen. Sie stupsten sich gegenseitig an und wiesen sich gegenseitig auf die Produkte hin: Das Auto, die Uhr, oh guck mal, Bond hat geile Waffen. Ich gucke böse. Das sehen die Jungs im Dunkeln aber nicht.

James Bond demoliert einen Zug. Uli rennt derweil aufs Klo.

Die Jungs unterhielten sich lautstark über das Getöse einer actionreichen Verfolgungsjagt hinweg. Das muss man erst Mal schaffen, den Film übertönen. Ich maulte nach links: Psssssssscht!

Das interessierte die Jungs nicht. Sie äfften mich nach. Die haben 9€ bezahlt – nicht um den Film zu sehen, sondern sich über Leute wie mich lustig zu machen. Der Saal wispert und flüstert lauter, es kommt mir vor, als würde irgendwo im Hintergrund ein Radio laufen, mit einem nicht richtig eingestellten Sender. KruschelKruschelKruschel.

James Bond nagelt das Bond Girl. Uli rennt derweil aufs Klo.

Ich hatte den Eindruck, es besteht die unausgesprochene Abmachung, das JEDER einmal aufs Klo rennt. Minimum. Und mir hat keiner Bescheid gesagt. Ich sah drei Personen gleichzeitig den Saal verlassen. Schön, denke ich: Drei weniger, die quatschen. Aber jeder schmeißt die Tür mit Schmackes zu. Um mich herum brummelt die Soundanlage, Autos explodieren, Häuser stürzen ein, jede Erschütterung spüre ich in der Magengegend. Geil! Ach, und die scheppernde Tür natürlich. Raus. Batsch. Rein. Batsch. Ich wünsche ihnen allen, dass das Klopapier alle ist.

James Bond prügelt sich mit dem Bösewicht und vernichtet die schöne Stadt London. Uli rennt derweil aufs Klo.

Ich überschlage im Kopf, was Kinosessel, ein Beamer und eine Leinwand kosten. Drei Mal kein Popcorn kaufen, dann hab ich die Summe doch zusammen, oder?

Der Film war gut, also spannend, kurzweilig, sexy. Zumindest der Teil, den ich mitbekommen habe.

12 Kommentare zu „Ich war im Kino

  1. Du gehst augenscheinlich ins falsche Kino oder in die falschen Filme. 😉 Ich tippe eher auf letzteres. Mainstreamblockbustermovies animieren ja zwangsläufig zum sich Ablenken (lassen). Daher gehe ich in derlei Filme auch immer ungern.

    1. Meinst du ernsthaft, mit einem Indie-Film wäre mir das nicht passiert? So, jetzt begibt es sich, dass ich auf´m Dorf wohne und im Kino nur Mainstream kommt. Zudem: Ich mag James Bond. Auf dem heimischen Fernseher ist das Vergnügen nur ein achtel so groß. Also circa. 😉

      1. Also ich habe die Erfahrung gemacht, das Indie- und Arthouse immer sehr entspannt ist, was die Kinoatmosphäre betrifft. Klingt jetzt wahrscheinlich etwas klischeehaft, aber das dort konsumierende Publikum ist wahrscheinlich zumeist reifer und dem Film gegenüber als Kunstwerk angetaner. Trotzdem schaue auch ich gerne Blockbuster a la Bond (obwohl den nicht so sehr) oder demnächst (für mich relevanter) Tribute von Panem und Star Wars.
        Zuletzt war ich besonders überrascht, wie gespannt das Publikum der Back to the Future Trilogie folgte. Da war konzentriertes Zusehen tatsächlich vorhanden, trotz der Kenntnis der Filme.

      2. Ich kann das schlecht beurteilen. Das letzte Mal im Kino war ich vor über einem Jahr. Und ich müsste länger drüber nachdenken, wann ich das letzte Mal einen Indie-Film im Kino gesehen habe – so lange ist das her. Ich wollte in nächster Zeit einiges im Kino ansehen; McBeth, Star Wars und die Peanuts. Aber das überlege ich mir nochmal. Gründlich. 😉

      3. Manchmal ist das Heimkino ja auch das viel interessante Kino. Mit billigerem Popcorn und Getränken. Und um einiges gemütlicher… 🙂

      1. Ich fand ihn furchtbar schlecht: viel große, hohle Geste ohne Inhalt; billige Klischees aus der Mottenkiste, die James Bond eigentlich zwischenzeitlich überwunden hatte; nicht glaubwürdige oder nachvollziehbare Motivationen.

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